Reise nach Dänemark
Juli – August 2008
Text und Fotos: Irene Kohlberger
Dieser
Reisebericht ist meinen Freunden Gabi
und Manfred Hoffmann gewidmet, die mir
diese Reise
ermöglichten, und Benni, ihrem Sohn.
Der Held dieses
Berichtes ist die überwältigende Landschaft von Jütland, deren Anblick den
mitteleuropäischen Menschen in geheimnisvoller Weise anzieht und gleichsam
verwandelt.
Mit dem Zug geht es von Wien
nach Hamburg Das Auto ist hinten aufgepackt und wir bleiben im Liegewagen. Quer
durch Deutschland geht die nächtliche Reise. Mühsame Nacht : manchmal fährt der
Zug ruhiger, manchmal stöhnt und ächzt er auf. Ich ruhe mich aus, kann aber
kaum schlafen…
Vor Hamburg Frühstück: zwei
Weckerl - Butter - Marmelade –
Kaffee im Papierbecher. Ich esse und
trinke alles aus – auf Reisen weiß man nie, wann es das nächste Essen gibt. Und
es war gut so…
Bahnhofsimpressionen
Wir berühren Hamburg nur im Westen
und queren das Villenviertel. Die Hinweisschilder zur Autobahn sind klar und
deutlich. Dann geht es über Schleswig Holstein
nach Norden. Die Landschaft flach und intensiv genutzt: große Herden von
Schafen und Kühen weiden auf den Wiesen. Dazwischen kleine Wäldchen mit Buchen
und Föhren. Das Getreide ist noch nicht eingebracht.
Wir fahren dahin und kaufen in
der Stadt Schleswig Vorräte ein. Dann
geht es weiter mit zwei gefüllten Plastiksäcken zwischen meinen Füßen, während
wir
die unsichtbare dänische Grenze
überqueren.
Wieder begleiten uns Felder
zwischen kleinen Waldstücken. Die Landschaft erinnert ein bisschen an die
flacheren Teile des Waldviertels – doch fehlt hier den Nadelbäumen die Kraft
zum Wachsen. Die wenigen Fichten sind nur dünn ausgeästet – die Föhren schwach
und verkrüppelt. Dagegen sind die Vieherden mächtig und schön…
Die Ortschaften, die wir
berühren, sind sehr kleine Siedlungen – es gibt kaum Menschen auf der Strasse.
Die Häuser sind oft mit hohen Rieddächern bedeckt. Alles wirkt einfach und
schlicht, weder großartig noch pittoresk.
Wir übernehmen den Schlüssel
und das Wäschepaket für unser Feriendomizil und finden schließlich nach einigem
Herumirren das Haus 37, das auf einer Anhöhe liegt, mitten in den Dünen. Es ist
hell und sehr praktisch eingerichtet: IKEA, wohin man schaut, aber sehr gemütlich.
Am ersten Tag pfeift der Wind
um das Haus und der Regen schlägt an die Wände und man kann spüren, dass hier
am Meer, zwischen dem hohen Riedgras das Herz von Dänemark schlägt: draußen, wo
sich die vielgestaltigen Dünen, von Meer und Wind geformt, hintereinander
drängen. Wo die mächtigen Wellenberge am Strand verebben – wo der Klang der
tosenden Wassermassen den menschlichen Körper in Resonanzschwingungen versetzt
– dort begegnet man Dänemark pur, auch wenn es mühsam ist, gegen Wind und Regen
anzukämpfen.
Ich habe
es gesucht an dir, Meer, dies unsterbliche Lächeln…und habe es nicht gefunden..
(Rafael Alberti)
Was suchen sie in dir, Meer? Was haben die Ameisen
vor, die verrückten, der Dünen?
ob sie glauben, sie könnten, Meer, dich wegtragen, wo du bist,
und ein Haus bauen mit deinen Wellen,
ein Bergwerk von Winden und Musik? (Rafael Alberti)
Am zweiten Tag besuchen wir Hvide Sande. Ein Fischerdorf, dessen
ursprüngliche Struktur den Ansprüchen des Tourismus unterworfen wurde.
Es gibt Banken, Kaufhäuser,
Cafes und Snackbuden und … auch einen Hafen, der am Verbindungskanal zwischen dem offenen Meer
und dem Ringköpingfjord liegt.
Ein Wort zum Essen: Es gibt
frische Fische, Makrelen, Lachs, Hornhechte, Schollen,… und Austern. Doch sind die dänischen Restaurants fast nicht
vorhanden. Cafes und Konditoreien bieten allerdings Brötchen mit Fisch und anderen Köstlichkeiten an. Ergänzt wird das
Angebot durch üppige Süßigkeiten. Es gibt Mandelbrötchen, Windbäckerei in
verschiedenen Größen und Formen – Buttercremtörtchen und Topfenkuchen…
Das Angebot von Brot reicht
von den dunklen Smörrebröd - Unterlagen bis hin zu reinem Weißbrot. Dazwischen
gibt es verschiedene Körndlbrote, denen manchmal auch Maismehl beigefügt wird,
die sehr gut schmecken.
Am Abend geht es durch die
Dünenlandschaft zurück zu unserem Sommerhaus. Am Fjord tummeln sich die
Windsurfer am Wasser: ein Paradies für
Sportler.
Fahrt nach Ringköping. Eine
der ältesten Städte von Dänemark, dem Reiseführer zufolge. Für mich nicht
wirklich erlebbar. Ein größeres Fachwerkhaus, ein Museum, einige
Rohziegelbauten vermitteln diesen Eindruck nicht wirklich.
Die Ausstattung der Kirche
datiert ins 17. Jahrhundert zurück, salopp ausgedrückt: Bauernbarock. Doch
überrascht mich, dass Kanzel und
Orgelemporen mit Heiligenfiguren geschmückt sind. Bis hierher hat sich
der rigorose Geist Calvins offensichtlich nicht ausgewirkt, der mit eiserner
Faust die Räumung der Kirchen von papistischen( päpstlichem =
katholischem) Figurenschmuck veranlasste.
Ich schlendere hinunter zum
Hafen, der klein und fein die privaten Jachten birgt. Eine eindrucksvolle Bronzegruppe erinnert an
die koloniale Vergangenheit Europas, die auch heute noch weiterwirkt.
Später geht es weiter nach Bork Havn. Hier treffen wir auf einige mit
Riedgras bedeckte Häuser, einen Wasserarm, worauf der Nachbau eines Wikinger-schiffes schaukelt.
Auf den Wegen des nach gebauten Wikingerdorfes einige verkleidete Bewohner, die
historische Geräte vorführen und diese den Besuchern erklären. Wenn keine historischen
Bauten die Zeit überdauerten, dann muss man sie wieder errichten, denken offenbar
die Dänen…
Die folgenden Tage verleben
wir am Strand und in den Dünen, die ich immer wieder zeichne, male und
fotografiere. Jeden Tag fasziniert der Sonnen-untergang mit seinen blendenden
Farben und ich werde nicht müde mich diesem faszinierenden Naturschauspiel
immer wieder hinzugeben.
Ja, Meer, ich
weiß, du bist für mich das andere Ufer…(Rafael Alberti
Du gehst und machst die Erde, die du
gehabt hast, zum Strand… (Rafael Alberti)
Manchmal riecht das Meer nach Trübsinn,
nach hoffnungslosem Heimweh,
unendlicher Gewissheit, es nicht lassen zu
können.
(Rafael Alberti)
Die Sandskulpturen im
benachbarten Feriendorf beeindrucken durch ihre Themen und ihre künstlerische
Kraft. Hätte nie erwartet, dass man aus Sand
Plastiken von solcher packenden Schönheit formen kann. Künstler aus
Europa und Übersee haben hier wichtige Lebensthemen angepackt und gestaltet.
Das Leben in der
modernen Welt:
Denkmal für die Nie-
Angekommenen
Bin in den Dünen und draußen
am Meer. Gestern war es sanft, wie im Süden, wo es am Abend in breiten
Wasserzungen den Strand beleckt. Ich wandere den Ufersaum entlang, auf der
Suche nach Bernstein, aber vergeblich. Es finden sich nur durchlöcherte
Schneckenhäuser, Muscheln in vielen Facetten geschliffen und bearbeitet durch
die Bewegung des Wassers und den Ufersand.
Ich beobachte die
Uferschwalben bei ihrer abendlichen Jagd und werde nicht müde dem wunderbaren
Geräusch der anbrandenden Wellen zu lauschen.
Die absolute Besonderheit
unseres Aufenthaltes waren die herrlichen Fischgerichte von Manfred. Ob
Fischsuppe, oder Muschel oder gebratene Hornhechte, es war alles köstlich und
ich wünschte mir ich könnte es poetisch ausdrücken, welche Freude gutes Essen
bereiten kann.
Bald nähert sich wieder das
Ende unseres Urlaubs und wieder geht es durch die dänische Landschaft, die man
kaum besonders anziehend oder grandios bezeichnen kann. Dennoch eröffnen sich
immer wieder Ausblicke, deren verhaltener Schönheit sich aber nur dem geduldigen Betrachter
enthüllt.
MEERESSTRAND
Aus dem Haff nun fliegt die Möwe,
Und Dämmrung bricht herein;
Über die feuchten Watten
Spiegelt der Abendschein.
Graues Geflügel huschet
Neben dem Wasser her;
Wie Träume liegen die Inseln
Im Nebel auf dem Meer.
Ich höre des gärenden Schlammes
Geheimnisvollen ton,
Einsames Vogelrufen –
So war es immer schon.
Noch einmal schauert leise
Und schweiget dann der Wind;
Vernehmlich werden die Stimmen,
Die über der Tiefe sind.
Theodor
Strorm