Irene Kohlbergers SALVETE

Sizilien

Sizilien 4. bis 12. Februar 2017

 

                         

Die Insel Sizilien ist ein Land, das schon in immer wieder Fremde angelockt hat, um hier zu wohnen, die natürlichen Häfen zu nützen und schließlich in großem Umfang das Land zu beherrschen. Alle Fremden haben auf Sizilien ihre Spuren hinterlassen. Angefangen von den Phöniziern, über die Griechen, Römer und die Byzantiner bis hin zu den Arabern und den Normannen.  Friedrich II., der Staufer war es, der herrscherlich „sein“ Sizilien prägte, bis die Insel an die Franzosen ging und schließlich an das Haus Aragon, das bis ins 18.Jh. hier regierte.  

Von den Ureinwohnern der Insel, den Sikariern, den Sikulern und den Elymern gibt es kaum Spuren. Lediglich von den Sikulern fanden sich Gräber. Allerdings gaben sie ihrer Insel den Namen. Schon Homer bezeichnete die Ureinwohner als Sikeler, die hellenischen Siedler als Sikeloten und die Insel selbst Tricinara, auf Grund ihrer Dreiecksform.

Wie überall zwischen Kleinasien und Gibraltar gründeten die Phönizier auch in Sizilien Handelsstützpunkte (Palermo, Solunto, Mozia). Um 814 v.Chr. gründeten sie an der Stelle des heutigen Tunis ihre Hauptstadt Karthago, die knapp ein Jahrtausend später von den Römern erobert und dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Die Auswanderer aus Griechenland hatte nicht die Abenteuerlust getrieben, sondern der Hunger. Die Einwanderer hielten sich an die heimischen Vorbilder, doch letztlich musste alles besser, größer und prunkvoller ausfallen, als in der alten Heimat. Gleichzeitig tummelten sich an den Höfen der Tyrannen die Dichter, wie Pindar und Aischylos, Genies, wie Archimedes und der Philosoph Empedokles. Auch Platon kam zu Besuch, um hier seine Vision eines Idealstaates vielleicht zu verwirklichen.  

Doch auch die alten Fehler wanderten mit ihnen – indem sich die sizilianischen Stadtstaaten in mörderischen Fehden bekriegten. Nur einmal gelang es einigen griechischen Städten sich zu einigen und unter der Führung der Tyrannen Theron und Gelon gemeinsam gegen die Heere des Karthagers Hamilkar am Fluss Himera siegreich zu bleiben (480 v.Chr.)

Nach der Schlacht feierten die Sieger ihren Triumph mit grandiosen Tempelbauten, finanziert von Beutegold und gebaut von versklavten Kriegsgefangenen. Es war das großartige 5.Jh. Die klassische Zeit der Griechen, die im Mutterland kaum 50 Jahre dauerte, bis der dreißigjährige Peloponnesische Krieg die goldene Ära zugrunde richtete. In Sizilien gab es eine 20 Jahre längere Atempause, bis die Phönizier zurückschlugen und Selinunte und Agrigento zerstörten. Dionys, der in Syrakus zum Tyrannen gewählt wurde (Schiller: Bürgschaft) verhandelte mit den Angreifern und kaufte die Stadt für ein gigantisches Lösegeld los.

Noch einmal gelang es den griechischen Siedlern unter König Hieron II. eine Zeit des Friedens zu erleben – bis Rom zu Hilfe gerufen und Sizilien nach dem 1. Punische Krieg als erste Provinz in das Römische Reich eingegliedert wurde. 

Die Römer beuteten Sizilien rücksichtslos aus und für ein halbes Jahrhundert herrschte auf der Insel weitgehend Frieden. Die Sklaven - zu ihnen zählten anfangs alle nichtrömischen Einwohner der Insel - brachten es lange vor Spartacus immer wieder zu Revolten, die blutig niedergeschlagen wurden.

 Verres, der Patron aller korrupten Politiker, bestahl skrupellos Privatleute und Gemeinden, als Verwalter der Provinz Siziliens – geschützt durch sein Amt. Erst nachdem er wieder als Privatmann lebte, konnte er zur Rechenschaft gezogen werden, was durch die geschliffene Argumentation von Cicero auch gelang. Landsitze der Reichen und Schönen bezeugen bis heute die römische Herrschaft – wie die Villa Casale bei Piazza Ameria - ebenso Theater und Zirkusarenen, die nicht selten den griechischen Bauten übergestülpt wurden.

Die römische Knute hatte Sizilien zu einer gänzlich unbedeutenden Kornkammer degradiert, worin alle eigenständigen Konturen verlorengingen.

Nach dem Überfall der Vandalen und ihrer kurzen Machtergreifung, änderte sich das Schicksal Siziliens in einer besonderen Weise, indem nach dem Ende des weströmischen Reiches die Byzantiner (Ostrom) die Geschicke der Insel in die Hand nahmen, und zwar für fast dreihundert Jahre. Auch sie pressten die Bewohner aus und vernachlässigten sträflich die Landwirtschaft.

Eine glückliche Fügung war in diesem Fall die Eroberung durch die Araber, die eine willkürliche Steuerpolitik durch eine kluge und vorbildliche Verwaltung ersetzten. Gleichzeitig gelang es ihnen die Insel innerhalb kurzer Zeit zum reichsten Gebiet des Mittelmeeres zu machen – und ihre berühmten kulturellen Fähigkeiten in die Tat umzusetzen. Das galt für den Anbau von neuen unbekannten Pflanzen ebenso, wie für die neu zu schaffende Architektur, die ihren Lebensbedürfnissen entgegenkam. (wie z.B. Moscheen, Bäder, Lustgärten,…)

Die aus der Normandie stammende Familie Hauteville war schon 30 Jahre in Süditalien ansässig, als 1061 die Brüder Robert und Roger mit einer Flotte nach Sizilien übersetzten. Kaum zehn Jahre später wehte die normannische Flagge über Palermo.

Graf Roger I., Graf von Sizilien versuchte die Insel und ihre Bewohner zu einen. Arabisch und Griechisch waren ebenso Landessprache, wie Latein und Französisch. Fasziniert von der Schönheit des Landes, verzaubert von den Bauten des Orients verwandelten sich die einstigen Seeräuber zu Sultane eines orientalischen Reiches. Als Roger I. starb, hatte er Sizilien zu einer Nation gemacht, einig in der Treue zu seinem christlichen Herrscher und im Begriff zum glänzendsten und reichsten Staat des Mittelmeeres zu werden. Moslems, Christen und Juden konnten in einer Atmosphäre der Toleranz unbehelligt nebeneinander leben. Die von König Roger II. erlassenen Gesetze dienten später seinem Enkel Friedrich II. von Hohenstaufen als Grundlage für dessen „Sizilisches Gesetzbuch“. Der Hof von Palermo entwickelte sich zum Kulturellen Zentrum Europas. Der Normannendom von Cefalu, der Palazzo Reale in Palermo mit der Capella Palatina, sowie die kleine Martorana Kirche zeugen noch heute von dem hohen Rang der Kunst, mit denen sich das neue Königtum umgab.

Wilhelm I. der Böse, der seine orientalischen Allüren auslebte, wurde abgelöst von Wilhelm II., dem Guten, dem Sizilien die Kathedrale von Monreale verdankt. Dieser starb kinderlos.

In einer eindrucksvollen Weise bestätigen die großen Kathedralen und berühmten Bauten der Normannenherrschaft, was bei gutem Willen eines Herrschers möglich ist. Die Voraussetzungen dazu wären sicherlich öfter gegeben, wenn nicht Egoismus und überzogener persönlicher Machtanspruch, vernünftigen Entscheidungen hemmend im Wege stünden.

Heinrich VI., der Staufer, hatte Konstanze, die jüngste Tochter Rogers II. geheiratet. Kurz nach seiner Krönung zum König von Sizilien, schenkte seine Frau ihrem einzigen Sohn das Leben: Friedrich.

Obwohl ihn seine Landsleute kaum zu Gesicht bekamen, wurde er Friedrich I., als König von Sizilien (1198), als Friedrich II. deutscher König (1212) und schließlich Kaiser (1220).

Friedrich war ein hochbegabter Mann, der neben Griechisch und Latein, italienisch, Französisch und Deutsch auch Arabisch sprach. Er war ein genialer Astrologe, ein guter Dichter und ein geschickter Diplomat, der  schließlich seine deutsche Königswürde ohne Waffen eroberte.

Im Südreich wurde die königliche Zentralgewalt durch eine territoriale Verwaltung und Gesetzgebung gestärkt. 1224 gründete er zu diesem Zweck die Universität Neapel.  1231 wurde mit den Konstitutionen von Melfi die erste weltliche Rechtskodifikation des Mittelalters erlassen. Mit Friedrich endete allerdings auch die arabische Besiedelung Siziliens, womit die Eingliederung der Insel in den westlich-abendländischen Kulturraum vollendet war. Ein Netz von Kastellen in Süditalien und bedeutende Bauten wie das Castello Maniace in Syrakus dienten der Herrschaftsrepräsentation und - legitimation. Sein Hof entwickelte sich zu einem bedeutenden Zentrum der Dichtung und Wissenschaft.

Mit dem Hause Anjou, das Papst Clemens IV. mit dem Königreich Sizilien belehnt hatte, brach wieder eine Schreckensherrschaft über die Insel herein. Allerdings gelang es den Bewohnern in einem fürchterlichen Gemetzel, das als „Sizilianische Vesper“ in die Geschichte einging, sich von den verhassten Franzosen zu befreien.

1302 übernimmt das Haus Aragon die Regierung. Wie eigentlich zu erwarten war, ergaben sich mit der einheimischen Oberschicht bald massive Konflikte. Da sich der neue Monarch gegenüber den Feudalherren der Insel nicht durchsetzen konnte, entsandte man nur mehr Vizekönige.

1502 verbindet Ferdinand II. von Aragon Neapel-Sizilien mit der Spanischen Krone. Die spanische Vorherrschaft dauert bis 1713.

Mit einem Federstrich geht Sizilien im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges 1713 an das Haus Savoyen und bald darauf, im Tauschgeschäft gegen Sardinien, an die Habsburger. Von 1720 bis 1735 stand Sizilien unter österreichischer Verwaltung, die schließlich von den Spanischen Bourbonen übernommen wurde und noch etwa 100 Jahre dauern sollte.

Am 11. Mai 1860 landet Garibaldi mit seinen Freiheitskämpfern bei Marsala. Fünf Monate später spricht sich das Volk mit überwältigender Mehrheit für eine Vereinigung mit dem Königreich Italien aus. Sizilien war wieder einmal Provinz, aber diesmal unter eigener Flagge.

Sizilien überstand die Herrschaft des Faschismus und wurde 1946 zu einer autonomen Region innerhalb des italienischen Staates. Als es 1950 zu einer Teilenteignung der Großgrundbesitzer kam, war im Grunde nichts mehr zu verteilen. Und so musste der gesamte Süden zum Entwicklungsgebiet erklärt werden – mit Sizilien als Armenhaus Europas. Circa eine Million Menschen zogen in den fünfziger Jahren in die Fremde – nach Norditalien, nach Deutschland, nach den USA.

Viele sind zurückgekommen, andere geblieben. Im letzten Jahrzehnt des 20.Jh. hat Sizilien den Anschluss an die europäischen Standards gefunden – Sizilien ist nicht mehr arm - das italienische Wirtschaftswunder hat schließlich auch die Insel erreicht.

 

 

 Reisebericht

Sizilien lockte mich zweifach: einerseits durch die wiedererrichteten griechischen Tempel und andererseits durch die Mosaike von Monreale und Cefalu. Antike und christliche Tradition in ihrer großartigen und mächtigen Ausprägung blieben hier erhalten und faszinieren den Betrachter bis heute.

          

                  Unsere erste Begegnung mit Palermo führt uns in den Normannenpalast und in die Capella Palatina. Diese „Privatkapelle“ glänzt bis heute im goldenen Schmuck der Mosaike, die ganz in der Tradition der Ostkirche, Wände, Gewölbe und den Altarraum bedecken. In der Apsis Christus als Pantokrator – an den Wänden Szenen aus dem Christusleben. Engel in den Gurtbogen – Heilige tragen das Fundament.

Vom Königspalast führt eine schmale Gasse hinunter zu Giovanni del Erimiti, wo uns ein wahres orientalisches Ambiente erwartet.

 

 

Der Kreuzgang mit seinen zarten Säulen und Kapitellen würde gut zu den Geschichten von 1001 Nacht passen, obwohl er als christliches Refugium für die Mönche bestimmt war. Umgeben ist das wunderschöne Gefüge von einem Gewirr von grünen Pflanzen, die ihrerseits die orientalische Heimat nicht verleugnen können. Geblieben ist auch noch das architektonische Skelett einer orientalischen Anlage, die unter den Benediktinern zur Kapelle geworden ist. Heute ist alles wieder bloßes Mauerwerk, wo ursprünglich ein griechischer Hermestempel stand, später eine frühchristliche Kirche, die einer Moschee weichen  musste und später von den Mönchen wieder zu einer christlichen  Kirche umgestaltet wurde. Heute sind auch die Mönche verschwunden...

Später geht es quer durch einen grünen Park hinüber zur Kathedrale: einem mächtigen Bau, der von den Erzbischof Walter Ende des 12.Jh. errichtet und durch Zubauten im Laufe der Zeit immer wieder verändert wurde. Die Anlage des Doms wirkt beim ersten Anblick übermächtig und ist mit normalen Kameras kaum ins Bild zu bringen. Doch das macht nichts: die Details an der äußeren Fassade funkeln in ihrer Schönheit und Einmaligkeit.

   

Innen ist der Dom heute eine klassizistischer Großraum, der in der Apsis des  rechten Seitenschiffes den Reliquienschrein der Hl. Rosalia beherbergt.

              

Als die eigentliche Sehenswürdigkeit des Domes gelten die königlichen Gräber in der Doppelkapelle am Ende des rechten Seitenschiffes: Unter mosaikverziehrten Baldachinen sind in der hinteren Reihe Roger II. und sein jüngste Tochter Konstantia bestattet; ihr Ehemann Heinrich VI. und ihr Sohn Kaiser Friedrich II. ruhen in prachtvollen Porphyrsarkophagen unmittelbar davor. Kostantia von Aragon, die Frau von Friedrich II. liegt in einem antiken Sarkophag, der in die Wand eingelassen ist und die Inschrift trägt: “Siziliens Königin war ich Konstantia, des Kaisers Gemahlin. Nun, ich hier wohne, bin ich, Friedrich,die deine!“ Diese Inschrift von wem auch immer verfasst – leicht hatte es diese Frau sicher nicht mit ihrem genialen Gemahl, den sie zweifellos nur lieben und bewundern konnte. Dass der antike Sarg Jagdszenen wiedergibt – die zwar wunderschön gearbeitet sind  - scheint mir noch eine letzte Fühllosigkeit, die einmal mehr den emotionalen Zuschnitt ihres Mannes spiegelt.

Er, Friedrich II. war eine der schillernsten Figuren des Mittelalters. Im Grunde war er ein moderner Skeptiker ganz besonderen Zuschnitts – unglaublich begabt und erfolgreich in seinem politischen Spiel – mächtig und  einsam zugleich…

Und ich wage zu behaupten, dass er und der geistige Riese Thomas von Aquin, sein Zeitgenosse, zwei Pole makierten, die dem Hohen Mittelalter seine einzigarte Farbe und Bedeutung verliehen. Der eine als skeptischer Politiker, der es sich mit den Mächtigen und dem Papst immer wieder anlegte, während der Andere am Tisch eines heiligen Königs, Ludwig von Frankreich, gar nicht wahrnahm, wo er er sich befand, so vertieft war er in die geistig religiösen Fragen seiner Zeit, die er und nur er mit seinem alles durchdringenden Verstand zu lösen vermochte….  

Lange stehe ich vor dem Sarkophag des berühmten Kaisers, dem auch nur eine begrenzte Lebenszeit zu Gebote stand, so wie uns allen – auch er war ein Mensch, dem Gott einen bestimmten Auftrag erteilte, auch wenn er meinte, aus eigener Machtvollkommenheit zu handeln.

2.Tag

Am zweiten Tag sind wir unterwegs zu den Quattri Canti und der Cassero. Die Sonne strahlt vom Himmel und taucht die konkaven Fassaden des Platzes in grelles Licht und tiefe Schatten. Im 16 Jh. wurde durch die Stadt eine Schneise in nordsüdlicher Richtung geschlagen, die an diesem Platz auf die ostwestlich verlaufende alte Straße trifft und die Stadt damit in vier Viertel teilte. Architektonisch wurde hier ein besonderes Werk verwirklicht: vier Brunnen schmücken die vier konkaven Fassaden zu ebener Erde, die allegorische Statuen der vier Jahreszeiten tragen. Darüber stehen die spanischen Könige Karl V., Philipp II., Philipp III. und Philipp IV. Alle vier in Rüstung und kämpferischer Pose. Zuoberst thronen die Gestalten der Schutzheiligen Ninfa, Agata, Oliva  und Cristina.

                    

In unmittelbarer Nähe erstreckt sich ein Platz, den ein seltsames Monstrum von Brunnen ziehrt - oder besser verunziert. Die Stadtverwaltung von Palermo wollte auch einen Brunnen und kaufte im 16.Jh. das manieristische Monstrum, das in Florenz niemand haben wollte, um es auf der Piazza Pretoria, die vom Senatorenpalast (heute Rathaus) aufzustellen. Goethe nannte es:  eine  " Pallagonische Raserei", die er in seiner "Italienischen Reise" ausführlich begründet.

                    

Doch danach erwartet uns wieder ein Juwel der Mosaikkunst Palermos:  La Martorana. Es war ursprünglich eine Privatkirche, die sich Georg von Antiochien, der Großadmiral Rogers II., im 12 Jh. erbauen ließ.  Es ist eine Marienkirche, der auch die barocken Umbauten nichts von ihrem Zauber rauben konnte. Besonders fein dokumentiert sich hier wieder einmal die friedliche Koexistenz von Völkern und Religionen auf dieser großartigen und besonderen Insel: eine Säule trägt die Inschrift mit dem moslemischen Glaubensbekenntnis. Maria hält ein Blatt mit griechischen Lettern in der Hand. An der Decke ist ein arabisches Kindergebet zu lesen – auch finden sich kufische Lettern auf dem Holzrand rund um die Engelsdarstellungen. Und der Gottesdienst wird noch heute im Byzantinischem Ritus gefeiert. Die Schönheit der Mosaiken, die Lebendigkeit der Darstellung steht denen in der Capella Palatina um nichts nach – vielmehr finden sich hier zwei Widmungsmosaike, die eine absolute Besonderheit darstellen.

   
 Maria und Ignatius von Antiochien  Christus krönt Roger II. zum König

 Die Chiesa San Cataldo (irischer Missionar) besticht durch Architektur pur. Wieder sind es rote Kuppeln, die das kleine Gotteshaus nach oben hin erweitern und den arabischen Einfluss einmal mehr dokumentieren.

San Cataldo

  Auf dem Weg nach Monreale erblicken wir die Puerta Nuevo. Ein Monstrum der besonderen Art, errichtet zu Ehren Karls V., der durch einen vernichtenden Schlag gegen die Sarazenen, die Insel von deren Piraterie befreite.

               

Monreale – der Kreuzgang ebenso, wie das Innere der Kirche – entzieht sich der Beschreibung. Auch Fotos können den Eindruck nicht wiedergeben, den der sonnendurchflutete Kreuzgang im Betrachter erweckt. Ich versuche die Kapitelle ein wenig zu studieren – mache Fotos, aber immer wieder im Bewusstsein: Es wird eigentlich nichts, und dennoch---

 Um einen Überblick über den Dom zu gewinnen, klettern wir zunächst auf das Dach hinauf. Und von oben- wie zu erwarten - ein herrlicher Blick über den Kreuzgang und die umliegende Umgebung. Dann wieder eröffnet sich die Sicht ins Innere der Kirche – auf die Abendmahlszene am runden Tisch – ganz nahe und ich freue mich wie ein Kind, die Szene so nahe zu sehen --- 

Das Haupttor mit den Bronzetüren des Bonanus von Pisa (1186) sind mit einem Gitter geschützt. Dennoch versuche ich sie mit meiner Kamera heranzu holen.

Die Bilderfolge im Inneren des Dom folgt völlig und exakt dem klassischen Muster: Christus, als Pantokrator in der Apsiskonche, darunter die Thronende Muttergottes, flankiert von zwei Engeln und Aposteln; darunter stehende Heilige. An den inneren Seitenwänden Szenen aus dem Alten Testament. Beginnend mit der Weltschöpfung, über die Erschaffung Adams und Evas – darunter die Noachgeschichte. An der gegenüberliegenden Wand Kain und Abel, die Geschichte von Jakob, die mit Jakobs Kampf mit dem Engel an den Gurtbogen der Apsiswand schließt.

 

 An den Wänden der Seitenschiffe reihen sich Szenen aus dem Neuen Testament aneinander – schlecht zu fotografieren, weil zu wenig Licht --- doch von großer Meisterhand gestaltet.

Vertreibung der Händler aus dem Tempel Christus heilt die zehn Ausätzigen

Wenn man den Zauber der Mosaike wirklich spüren will, muss man sich Zeit lassen. Ich habe mich einfach an die Säulen gelehnt und nur geschaut und Zwiesprache mit dem Pantokrator gehalten, der hier während die Jahrhunderte über die betenden Menschen wachte – mächtig und gütig zugleich.

 3. Tag

Am dritten Tag besuchen wir zuerst Solunto. Die Siedlung wurde von den Phöniziern gegründet, von den Griechen überbaut und schließlich von den Römern übernommen. Der Fleiß der Archäologen legte noch Opfersteine frei, die phönizischen Ursprungs sind. Die Straßen der Stadt sind rechtwinkelig angelegt, die unglaublich steil ansteigen. 

Teilansicht von Solunto   Tempelreste der griechischen Siedlung
 Mosaik mit Planetenbahnen  Foto: Elke MatthiesAusblick von Solunto

Von den Griechen ist noch das Theater erhalten und von den Römern eine öffentliche Badeanlage. Allerdings gab es auf dem Hügel der Stadt Schwierigkeiten  mit dem Wasser – daher wurden große Zisternen angelegt, die bis heute in ihrer Struktur erhalten sind.

Im Zentrum der Stadt erheben sich noch einige Säulen des ehemaligen Tempels und in der Casa de Leda einige Mosaike. Wie sehr oft, wurde die Stadt in wunderschöner Lage erbaut, mit einer zauberhaften die Aussicht auf die Küste.

Hemera, zwischen Solunto und Cefalu gelegen, bietet nur den Anblick von den Grundfesten eines dorischen Tempels. Obwohl die Steine stark ab gewittert sind –  wirken sie allein schon durch ihre Mächtigkeit …

                           

 Cefalu besticht wieder durch seine wunderbare Lage. Am Weg zum Dom wandern wir entlang der Küste, wo die aufgepeitschten Wellen an die Felsen anbranden und die Gischt in weißem Spitzengewebe niedersinkt. Ich könnte das Spiel der Wellen stundenlang betrachten…

 Der Dom von Cefalu ist ein Bau aus der Mitte des 12.Jh. Geplant wurde der Bau des Domes von Roger II. Damit wollte er – der Legende gemäß – Gott Dank erweisen, nachdem sein Schiff 1130 vor der Nordküste Siziliens in einen schweren Sturm geraten war und er sich nach Cefalù retten konnte. Der Dom sollte zu seiner Grabkirche werden. Da der Bau zum Zeitpunkt seines Todes noch nicht fertig war, wurde er in einem Hochgrab in der Kathedrale von Palermo beigesetzt.

Der Dom wurde lange restauriert und von barocken Verzierungen befreit, sodass er sich heute mit reiner normannische Fassade präsentiert. Die bekannten Strukturelemente von glattem fest gefügten Mauerwerk, Rundbögen und Zwerggalerien - Merkmale der Romanik – verbinden sich hier mit Elementen orientalischen Ursprungs und schaffen einen besonderen Stil, der eben für die Normannische Architektur als typisch gelten kann: Dazu gehören die Zwerggalerien, deren Rundbögen innen gewellt sind oder die zarten Säulen zwischen den Rundbogenfenstern, sowie die in sich verschlungenen Bogenverzierungen – alles Elemente , die in der Romanik schlichter und einfacher ausgeführt sind.

Die Zwillingstürme gehörten bereits zur ursprünglichen Kirche. Im oberen Teil unterscheiden sich die Türme geringfügig, hauptsächlich bei den Fenstern und den Dachspitzen. Der Portikus wurde 1471 errichtet und der eigentlichen Fassade vorgelagert. Er wurde im Stil der katalanischen Spätgotik errichtet. Die ursprünglich vorhandenen Rosettenfenster in der Apsis wurden 1142 zugemauert. Im Inneren sollte eine größere Fläche für Mosaike entstehen.

Innen empfängt uns eine dreischiffige Halle mit offener Wandstruktur, die durch Spoliensäulen getragen wird. Der Mosaikschmuck ist heute zum Großteil verlorengegangen – geblieben ist nur das Apsismosaik: Die Anordnung der Figuren wirkt sehr ernst und ein wenig statisch. Engel und Heiligenfiguren stehen aufgefädelt und in sich selber „eingeschlossen“ nebeneinander. Dominiert wird das Auge des Betrachters zunächst vom Goldgrund – erst bei näherem Hinschauen lösen sich die Gestalten vom Hintergrund und lassen sich als Muttergottes, Engel und Apostel identifizieren. Oben in der Apsiskonche schuf der Meister der Mosaikkunst einen wunderbar gelungenen Pantokrator: schmales Gesicht, fliegende Stirnlocke, die Arme weniger ausgestreckt, als in Monreale – gekleidet in einen stark gefältelten blauen Überwurf über wenig sichtbaren goldenem Untergewand. Lange Hände segnen und halten in der linken Hand das „Wort Gottes“.

TaufbeckenInnenansicht mit Spoliensäulen

Wegen der Mittagspause müssen wir den Dom sehr bald wieder verlassen, aber ich werde später wiederkommen und länger bleiben – um mit dem Gottesbild einer längst vergangenen Zeit Zwiesprache zu halten.

Der Kreuzgang von Cefalu ist nur mehr an zwei Seiten erhalten und wunderbar restauriert.

In der Inneren Stadt gibt es viele Cafes, aber zurzeit sind alle geschlossen. Daher wandern wir in Richtung Hafen, wo wir ein gemütliches, von Einheimischen besuchtes Lokal entdecken und die „Skihütte“ – so ähnlich fühlte sich das Ambiente an - am Hafen so richtig genießen können.

                

Am Rückweg zum Bus spielt das Meer wieder auf wild! Aufgeregt schlagen riesige Wellen an den Strand. Der Himmel ist grau verschleiert! Alles steht auf Sturm! Das Getöse der brechenden Wellen verstärkt sich immer mehr – ein faszinierendes Erlebnis!

4. Tag

Am vierten Tag brechen wir auf zu den griechischen Höhepunkten der Antike. Segesta ist das erste Ziel unserer Reise. Wir sind schon früh da und die einzigen Gäste. Es ist kalt, feucht und windig.  Ein Shuttelbus bringt uns sehr bald auf die Anhöhe, worin das griechische Theater eingebettet ist. Es ist ein sehr gut erhaltenes Theater.  Und es entsteht in mir wieder einmal der Wunsch die wunderschön klingende Sprache Homers oder Eurippides, oder… genau hier im Original zu hören und zu verstehen. Doch bleibt es eine unerfüllte Sehnsucht.

 

Das Pflaster der Agora ist mit Wasser bedeckt, aber die Wände stehen noch, die einstmals die einzelnen Geschäfte voneinander trennten.

Nach einer Pause mit gutem italienischen Kaffee steigen wir die wenigen Meter hinauf zum Tempel von Segesta. Es ist ein dorischer Bau mit komplettem Peristyl, aber ohne Zella und Dach. Als gelernte Griechenlandreisende freue ich mich über die Vollständigkeit der äußeren Architektur, obwohl der Bau nie vollendet wurde. Er präsentiert eine ideale Konstruktion: 12 mal 6 Säulen, schön gearbeitete Verbindungskapitelle – fließender Übergang der Säulenschäfte in die Grundmauern. Noch sind die Transportnasen an den Blöcken der Grundmauern nicht abgeschlagen – viel müsste noch geschehen, um den Tempel fertigzustellen. Warum er wohl unvollendet blieb?  

Der Besuch von Monte Erice gestaltet sich ein wenig mühselig bei beißendem Wind und einiger Kälte. Doch die Schönheit des Ausblicks lässt die wetterbedingte Unbequemlichkeit schnell vergessen.

Barockfassade eines Palastes von Erice  Blick Richtung Süden

Castello Normanno

Blick Richtung Norden

Später genießen wir im warmen italienischen Restaurant den Luxus eines besonderen Mittagsessens, das ich mit Dankbarkeit und Freude annehmen kann.

In Selinunte, dem nächsten Ziel unserer Reise, landen wir zunächst in einem Geschäft, das heimische Bioprodukte anbietet. Alles, was es hier gibt, angefangen vom Olivenöl bis hin zu variantenreichen Kompositionen von einheimischen Weinen findet unsere Neigung. Doch dazwischen steht als Grenze das Koffergewicht!

5. Tag

Selinunte, die Ausgrabungstätte, liegt auf einem sanften Hügel. Es war eine rechtwinklig angelegte Stadt, die im Mündungsgebiet von zwei Flüssen gegründet wurde. An den Ufern des Bächleins Modione wucherte ein wildes Selleriegewächs, selion genannt, das der Stadt ihren Namen gab.

 Die Stadt, die am westlichsten Punkt des griechischen Hoheitsgebietes gelegen ist und mit den Karthagern in gutem Einvernehmen stand, blieb 480 v.Chr. beim Großangriff Karthagos als einzige Griechenstadt neutral. Danach zwang das siegreiche Syrakus die „Verräter“ zum ewigen Treueschwur. Als die Karthager 409 v. Chr. zum erfolgreichen Gegenschlag ausholten, war die untreue Stadt ihr erstes Angriffsziel. Von den 300 000 Einwohnern gelang nur wenigen die Flucht. Die Mehrheit wurde hingerichtet, die übrigen gerieten in Sklaverei. Danach fristete die Stadt als karthagisches Siedlung ein kümmerliches Dasein und wurde 250 v.Chr. völlig aufgegeben. Schließlich ließ ein Erdbeben die geknickten Tempelsäulen völlig zusammenstürzen – die nach und nach von Sanddünen bedeckt wurden.

Für die Archäologie ein Glücksfall, weil dadurch einer Stadtanlage aus dem 5 Jh. v.Chr. unverändert erhalten blieb. Und als man schließlich Tempelüberreste mit kaum verblasster Farbe fand, war die Sensation perfekt. Denn dadurch konnte man die alte These, dass die Heiligtümer der Griechen nicht bemalt waren, wissenschaftlich widerlegen. Die Farbe war damals etwas sehr Kostbares, d.h. dass man die Heimstätte der Götter gar nicht bunt genug ausschmücken konnte.

In Ermangelung von schriftlichen Quellen, verzichteten die Archäologen auf die Zuordnung der Tempel zu bestimmten Göttern und bezeichneten sie nur mit Buchstaben. In der antiken Stadt gab es eine Akropolis mit Tempel und auf einem weiteren Hügel- im Osten - weitere Tempel.

 

Wir beginnen unseren Besuch auf der Akropolis der antiken Stadt. Selbst nach ihrer teilweisen Zerstörung ist die Stadtmauer ein imposanter Anblick. Mörtellos fügen sich die gewaltigen Quader nahezu lückenlos aneinander. Die Akropolis ist kaum mehr als ein Trümmerhaufen von Säulentrommeln, Architraven und Kapitellen.

Erhalten ist die schachbrettartige -  hippodamische – Nord-Süd-Ausrichtung des Tempelbezirkes, die es erlaubte, die Stadt zu durchlüften, als einzige Methode, um die Gefahr der Malaria zu bannen. Nur Frischluft half gegen den Erreger des gefürchteten Sumpffiebers, das vor allem in den Ebenen wütete. Durch die Nord-Süd Ausrichtung ergab sich die Anlage der Tempel von selbst, die hintereinander nach Osten ausgreichtet wurden. Seit man einige Säulen des Tempels C wieder aufgerichtet hat, ist dieser das Wahrzeichen von Seliunte geworden.

           

           Münzen mit der Abbildung von wilder Sellerie

Gestalt eines Kuros und Köpfe von Koren von Selinunte
TempelmetopePerseus tötet Gorgo
Tempelmetope: Artemis hetzt die Hunde auf Akteon

Vor dem Eintrittsbereich zum Osthügel hat man einige Dokumentationsfotos ausgestellt, die sehr eindringlich zeigen, wie schön und vollendet die Metopen der Tempel von Selinunte gestaltet waren. Die Mehrheit der Metopen gehören dem archaischen Stil an – sehr fein und edel – andere dagegen verraten einen etwas späteren Stil, der bereits in klassischen Formen schwingt, wie z.B. das Relief mit Artemis und Akteon.

Tempel E in verschiedenen Ansichten

Der Tempel E auf dem Osthügel der Stadt wurde als Denkmal für den Triumph über die Kathager konzipiert und bedeutet einen Höhepunkt der klassischen Architektur. Alle 36 Säulen und auch Teile des Gebälks wurden an ihren ursprünglichen Standorten wieder aufgestellt und bieten einen wunderbaren Anblick. Dazu kamen einstens prachtvolle Metopen, d.h. viereckige mit Reliefs verzierte Steinplatten, die rundum das Gesims des Tempels schmückten und mit einfachen Platten, den Triglyphen abwechselten. Dazu war alles noch farbig gestaltet - -- ein Bau der Superlative. Ich versuche den Tempel ins Bild zu fassen – es gelingt aber nur mangelhaft. Es fehlt der harmonische Raumeindruck – der Reiz der Berührung,…

              

Später klettere ich über die Trümmer des Tempel G, der mich mit seinen gewaltigen Säulentrommeln an Olympia erinnert. Ein wenig gleicht die Kletterei jener, die man von den Geröllfelder in den Alpen kennt – und doch ist es etwas ganz Anderes, etwas was zur antiken Ausgrabungen einfach dazugehört.

Und wieder einmal fällt mir der Text des Uhlandgedichtes ein:  Nur eine hohe Säule zeigt von verschwundner Pracht, auch diese schon geborsten, kann stürzen über Nacht!“

Agrigento

Auf diese archäologische Berühmtheit habe ich am meisten gefreut. Und wie das so im Leben ist, war das Erlebnis hier sehr zwiespältig. Begonnen hat es zunächst im Museum, das zur Unterbringung der wertvollen Kleinkunst errichtet wurde.  

Im Hauptraum des Museums war eine riesige Figur an der Wand befestigt, die aus Steintrommeln zusammengesetzt, gesichtslos, als Karyatide eingesetzt wurde. Völlig überrascht war ich dann von dem Modell einer Tempelanlage, die solche Figuren zwischen die Säulen setzte, um den Architrav des Tempels zu halten – Dieser neuartige Typus eines Tempels war zudem so gewaltig in seinen Ausmaßen, dass es nach Goethe - der selber noch in einer der Kanneluren der Säulentrommel gestanden ist – 24 Männer brauchte, um einer der Säulentrommel zu umfassen. Später umrundeten wir das heutige Ruinenfeld dieses einmaligen Zeustempels, der wahrscheinlich nur groß und mächtig war und das berühmte griechische Harmoniebewusstsein Lügen strafte.

Buleuterion vor dem  Museum
  Gigant des Zeustempels

In den Museumsräumen finden sich alle Kategorien der griechischen Kleinplastik und bemalte Vasen. Die Formen der Krater sind dem Klassischen Vorbild verpflichtet – die Szenen zum Teil sehr lebendig gestaltet und künstlerischer Höhe. Einer der Krater erinnerte an Luigi Pirandello, einem Sohn der Stadt Agrigent, da in dem Gefäß die Asche des Dichter ursprünglich aufbewahrt wurde.

   

Vom Museum werden wir zum Tempeltal geführt. Zuoberst thronen die Reste eines Heratempels oder der Juno Lacinia – ein willkürlich gewählter Name, weil im Grunde unklar ist, wem der Tempel gewidmet war. Vor dem Tempel sind noch eindrucksvolle Reste des ehemaligen Opferaltares zu sehen. Darüber hinaus eröffnet sich von hier ein wunderbarer Blick über die Landschaft weit hinaus bis Porto Empedocle. Auf der weitern Wanderung begleitet uns linker Hand eine massiv verwittere Stadtmauer, die zur Zeit des frühen Christentums mit Grabkammern ausgehöhlt wurden.

Das eigentliche Wunder des Tempeltales ist der Concordiatempel, der aber sicher nicht dieser römischen Gottheit geweiht war, weil die Griechen eine „Göttin der Eintracht“ gar nicht kannten. Ihnen war eher die Göttin „Eris“ (Zwietracht) ständig nahe. Einträchtigkeit war für sie weder am Olymp noch auf Erden ein Anliegen. Und wahrscheinlich haben sie es deshalb – trotz ihrer großen Begabung – zu keinem Weltreich gebracht.

Da der Tempel ab dem 4. Jh. als christliche Kirche diente, blieb er bis zum 18.Jh. nahezu vollständig erhalten. Danach legte man den griechischen Bau wieder frei, indem man die Verbindungsmauer zwischen den Säulen entfernte. Nur die in die Zella gebrochenen Bögen blieben als Erinnerung daran, das inmitten des heidnischen Baues katholische Messen gelesen wurden.

Auf vier Stufen erhöht erheben sich 34 Säulen mit vollständigen Gebälk und Giebeln –  als einmaliges Zeugnis der klassischen griechischen Epoche. (438-430 v.Chr. errichtet und vermutlich den Zwillingen Castor und Pollux geweiht.)

Auf einem gepflasterten Weg entlang der von Grabanlagen durchlöcherten Stadtmauer, wandern wir weiter ins Tempeltal hinunter und finden uns schließlich vor dem Tempel des Herakles wieder. Ursprünglich ein riesiger und ausgedehnter Trümmerhaufen – wird heute überragt von acht Säulen, die von einem Engländer privat wiedererrichtet wurden.

                      

Noch weiter hinein ins Tempeltal führt uns der Weg entlang der Ruinen des ehemaligen Zeustempels.

An der Westseite der Anlage kommt noch der kleine Tempel von "Castor und Pollux" in unseren Blick – wahrscheinlich ein Demeterheiligtum - das bereits den Sikulern heilig war.

                  

Bei der Restaurierung wurden vier willkürlich ausgesuchte Säulen wieder auf die Grundmauern aufgesetzt – zum Ärger der Archäologen und zur Freude der Romantiker. Im dahinterliegenden Garten befand sich in der Antike das Trinkwasserbecken, das durch ein großangelegtes Kanalsystem mit Regenwasser gespeist wurde. Jenseits der Senke wären dann noch die spärlichen Überreste eines Hephaistostempel zu finden.

Wir wenden uns wieder zurück und umrunden weiter die Ruinen des Zeustempels: ich immer noch auf der Suche nach einer kannelierten Säulentrommel, wo ich mich zur Probe hineinstellen könnte. Doch vergeblich! Wahrscheinlich wurden die Kanneluren seit der Zeit Goethes von Wind und Wetter vollständig abgeschliffen. Im Grunde ein ganz besonders trauriger Anblick, dieses weit ausladende Trümmerfeld - und ich frage mich, wie so oft, wie diese gigantische Architektur errichtet wurde und wer daran beteiligt war.

Weiter unten, im Osten des Tempels erhebt sich heute noch deutlich ein riesiger Opferaltar, der gut zu den Ausmaßen des Tempels passt.

6. Tag

Am sechsten Tag unserer Reise steht Enna, als Aussichtspunkt und Morgantina, als eine gut erhaltene hellenische Siedlung auf dem Programm. Es ist kalt und trübe – doch die Pflicht ruft und schließlich stehen wir vor dem berühmten Aussichtpunkt in Enna und sehen NICHTS. Auch das nahe Castello di Lombardia, eine der beeindrucktesten Burgen Siziliens, die ursprünglich von 20 Türmen bekrönt war und über die Zeiten immer wieder von anderen Herrn übernommen und ausgebaut wurde, hüllt sich in tiefen Nebel.

                    

Auf der Ausgrabung von Morgantina beginnt es zu regnen. Eine äußerst schäbige Hütte beherbergt den Ticketverkauf und einige Leute, die dem Beamten helfen die Zeit zu vertreiben. Wir versuchen uns irgendwie gegen den Regen zu schützen und wandern in das Ausgrabungsgelände hinunter – begleitet von einem Hirtenhund, der die Anlage bewacht.

Es wird uns sauer und die Begeisterung schwindet in der Nässe, die sich langsam immer mehr ausbreitet.  Schließlich erreichen wir ein kleines sehr gut erhaltenes Theater und streben danach wieder zurück zum Bus.

                    

                Unser nächstes Ziel die berühmte Villa Romana del Casale. Wer diesen Traum aus bunten Steinen errichten ließ, bleibt Spekulationen überlassen. War es ein Kaiser, wie z.B. Maximianus Herkulius, ein Mitregent des Kaiser Diokletian? War es ein kunstsinniger Milliardär?

Erhalten blieb die Zaubervilla durch einen Erdrutsch, der im 12.Jh. die bereits beschädigten Mauern schützend umhüllte. In den fünziger Jahren des 20.Jh. wurden die ersten Sicherungsmaßnahmen vorgenommen, die Räume überdacht, so dass man den Eindruck erhält, es fehlt nicht viel und man könnte hier wieder wohnen.

Wir nähern uns vom Süden der Villa und betrachten zunächst das fein ausgeklügelte Heizungssystem der Badeanlage, das hier nahezu unzerstört die ursprünglichen Funktion klar erknnen lässt.

Die Villa betreten wir durch das Eingangsatrium, wo uns ein Bodenmosaik mit eben den Gestalten begrüßt, die einstmals als Personen dem Gast entgegenkamen.

Innenhof mit Wasserbecken und Peristyl Götternische

Dann fällt mein Blick in den Innenhof – mit reiner Freude. Wie oft hatte ich diese architektonische Anlage, die das Leben in den sonnigen Ländern so wunderbar erheiterte, nur als „Zeichnung“ von bloßen Grundmauern betrachten können. Und hier öffnete sich plötzlich ein Innenhof mit intakten Wasserbecken, vollständigem Peristyl, das im Torbereich von der Götternische ergänzt wurde.  

 

Mosaike im Gang vom Peristyl des Innenhofes

Palästra mit Zirkus Maximus
Zuschauer im Zirkus Maximus Zuschauer im Zirkus Maximus

Interessante Mosaiken schmücken den Eingangsbereich der Badeanlage, woran wir zuallererst vorbeikommen und die naturgemäß mit den Räumen in Beziehung stehen. Eine der Besonderheiten der Villa: eine Palästra mit der Darstellung eines Wagenrennens vom Zirkus Maximus; gleichzeitig  eine kleine Dokumentation im Bild, was wir sonst nur aus Beschreibungen kennen.

 Szenen der kleinen Jagd  Szenen der kleinen Jagd
Fischende Eroten

Nördlich des Peristyls liegt der Raum der kleinen Jagd mit Mosaiken, die von sehr feiner Hand gestaltet sind. Daneben der Raum der vier Jahreszeiten – die durch allegorische Figuren symbolisiert sind. Im Raum dahinter sind geflügelte Eroten in bunten Kähnen zu sehen, die mit Harpunen, Angeln und Netzen den Fischen nachstellen

 Szenen vom Korridor der Großen Jagd  

Der große Korridor der Jagd enthält einen farbigen Bilderbogen, der für die römischen Zirkusspiele bestimmte Tiere aus Afrika – unter ihnen Elefanten, Löwen, Tiger, Antilopen, Strauße und ein Rhinozeros -  auf Schiffe verlädt um sie nach der Hauptstadt zu schaffen. Gekleidet in prächtige Gewänder und flankiert von zwei Adjutanten, über wacht der Chef des Hauses persönlich das Einfangen der Tiere.

An einen kaiserlichen Bauherrn glaubt heute keiner der maßgebenden Kunsthistoriker, weil sie davon ausgehen, dass ein Herrscher des römischen Reiches in tiefster Provinz - was Sizilien damals war – sich keinen Sommersitz errichten und schon gar nicht als Chef einer professionellen Tierfängerei darstellen ließe.

   

 In den Privaträumen nimmt die Qualität der Mosaikgestaltung deutlich ab. Das trifft auch auf die „Bikinimädchen“ zu, die relativ ungekonnt in ihre gymnastischen Übungen vollziehen. Weder die Anordnung der Figuren, noch diese selbst, erfreuen das Auge des Betrachters. Dennoch kennt diese Mädchen alle Welt.

              

Im Osten des Peristyls liegt die Basilika, der luxuriöse Empfangssaal, wo der Hausherr auf einem Thron aus Marmor und Gold seine Gäste zu begrüßen pflegte.

Kampf zwischen Eros und Pan

Vestibül des kleinen Zirkus

Südlich der Basilika liegen die Privaträume der Frau des Hauses: das Schlafzimmer mit der Darstellung eines Zweikampfes zwischen Eros und Pan, die Kinderzimmer mit Bildern von kindlichen Jagdspielen. Im Spielzimmer versuchen sich Kinder als Zirkusakteure, während im Schulzimmer ein Wettstreit von Musikanten abgbildet ist.

Alle diese Zimmer umschließen ein halbkreisförmiges Atrium mit fischenden Eroten ein weiterer Prunkraum zeigt den sagenhaften Sänger Arion, der nach einem Schiffbruch durch Gesang sein Leben rettet. Von einem Delfin wird er zur Küste getragen, während Meeresungeheuer ihn staunend betrachten. 

Atrium mit fischenden Eroten Arion von einem Delfin gerettet

 Nördlich der Basilika schließen die Räume des Hausherrn an: ein Fußbodenmosaik erzählt von der Begegnung Odysseus mit dem Riesen Polyphem – ein Werk, das die Grenzen der Darstellungskunst überdeutlich macht - und ein anderes von den erotischen Bedürfnissen des Hausherrn, der sich an einem Liebespaar in inniger Umarmung täglich erfreuen konnte.

Odysseus in der Höhle des Riesen Polyphem

 Obwohl insgesamt sehr sehr beeindruckend, erscheint mir die Qualität der Mosaikdarstellungen äußerst unterschiedlich. Ein wesentlicher Mangel ergibt sich aus der schwachen Gestaltungskraft für beschreibenden Szenen. Mit Ausnahme der kleinen Jagd, bleiben alle anderen Szenen relativ statisch und oft nur eine mehr oder minder geglückte Aneinanderreihung von Figuren. Groß wird ihre Kunst im Kleinen. Die glückliche Kombination von neutralen Mustern, manchmal ergänzt durch Tier-und Menschenköpfe, wirken sehr harmonisch und gekonnt. D.h. mit anderen Worten, dass mehrheitlich gute Handwerker am Werk waren, die ihre Musterbücher gut studiert, aber vor der gestalterischen Herausforderung von Szenen überfordert waren.

  Anmerkung: zu der Villa und ihren Mosaiken gibt es ein sehr gutes Handbuch, das in vielen Sprachen und  billig angeboten wird. Darüberhinaus konnten wir uns in der Villa nahezu unbeschränkt bewegen und ohneStörung fotografieren. Auch begegnten uns nur ganz wenige Besucher, während sich hier zu anderen Zeiten die Massen drängen.

 

 7.Tag

Syrakus

Unter grünen Vorhängen versteckt, ruht heute das römische Amphietheater. Es erweckt die genau jene Empfindungen, von denen die Romantiker immer wieder schwärmen – grauer behauene Steine, zu antiken Großbauten getürmt, denen die Zeit und die Natur ein unverwechselbares Ambiente verlieh.

               

 Diesem Zauber überlässt man sich als moderner Betrachter noch gerne, obwohl der nahe Steinbruch und das Wissen über die harten Bedingungen, unter denen die Sklaven die Steine heraushauen mussten, die Freude an den antiken Bauten immer mehr in Frage stellen. Neben dem Amphietheater finden sich eine Reihe christlicher Grabstätten, die in Erinnerung an die Märtyrer, die in dem Theater den Tod fanden, hier errichtet wurden: es war eine geistige Verbundenheit mit den Märtyrern, die dadurch dokumentiert wird.

               

Das griechische Theater am oberen Hügelrand der ehemaligen antiken Anlage ist sehr gut erhalten und wird heute noch als Sommertheater bespielt. Wunderschön ist es heute hier zu sitzen und zu hören, wie die literarischen Wettkämpfe, damals stattfanden. Jeder der Wettkämpfer hatte drei Komödien und drei Tragödien vorzustellen – eine Jury entschied dann über die Qualität der Stücke und nominierte den Sieger. Gespielt wurde jedes Stück nur einmal – wobei die Hauptrolle dem Chor zukam. Die Mitglieder des Chores trugen Koturne, die allerdings keine Plateausohlen waren, wie wir bisher annahmen, sondern Ballerinas, weil der Chor laufen tanzen und auch singen musste.

Unser nächstes Ziel war eine merkwürdige Höhle, „Ohr des Dionysos“ genannt. Beeindruckend die sich nach oben verjüngende Höhlenform, die in der Antike als Schalltrichter für Gespräche diente, die unten am Höhlengrund geführt wurden: Antike Form der Bespitzelung.

Der Steinbruch selbst, ockerfarbene Steilwände, überwachsen mit Schlinggewächsen, würde sich heute gut als Hintergrund für romantische Hochzeitsbilder eignen. Doch wenn man genauer den geschichtlichen Berichten zuhört, dann erfährt man, dass hier alle athenischen Soldaten, die gefangen genommen wurden, nach kurzer Zeit zugrunde gegangen sind. Dasselbe gilt auch für alle Leute, die Verres, dem grausamen Kunstsammler der römischen Zeit, ihre Kunstwerke nicht überlassen wollte.  Und wie viele andere Leute hier ihr Leben lassen mussten?

Eigentlich wurde mir – in unmittelbarer Nähe des riesigen antiken Steinbruches - erst ganz klar bewusst, dass die antike Architektur auch durch den Schweiß und das Blut von unzähligen unterdrückten und versklavten Menschen erbaut wurde.

Der Bau der modernen Kirche „Santuario della Madonnina dell Lacrime“ ist ein gelungenes Beispiel von moderner Kirchenarchitektur, aus Beton und Licht. Die Kirche wurde zur Erinnerung an ein Tränenwunder von 1953 in den 90erJahren des vorigen Jahrhunderts errichtet. Fein auch die weiße marmorne Altarwand, worin das kleine Marienbild eingelassen ist, das damals geweint hat.

Gegenüber der Wallfahrtskirche liegt das archäologische Museum, das sehr übersichtlich und modern gestaltet ist. Zusammengefasst nach ihren Fundorten, sind hier Exponate ausgestellt, daher gibt es immer wieder Tonwaren aus ältester Zeit bis hinein zu den römischen Gebrauchsgegenständen. Vor allem dominieren Votivgabe – entsprechende Götterbilder aus Ton in allen Größen. Die wunderschönen rotfigurigen Vasen stammen, wie zu erwarten – aus Gräbern - ebenso die kleinen Sachen, wie Schmuck, Kosmetiksachen, Fibeln…

Von den großen Statuen haben sich nicht viele erhalten – die meisten nur als Torsi. Dennoch faszinieren die Körperformen der Jünglinge aus dem 6Jh. v.Chr. bis heute, auch ohne Kopf und Beine….

 

Die Anlage des Apollotempels der Stadt wurde sehr sorgfältig in einem Modell rekonstruiert und gleichzeitig die Zella (Raum für das Götterbild) des Tempels im Querschnitt wiedergegeben. Ursprünglich bestand die Zella aus Holz – das erst im Laufe der Zeit durch einen Steinbau ersetzt wurde. Nach Meinung der Archäologen trugen die Metopen (Felder im Gesims des Tempels) bemalte Gorgomasken, um die bösen Geister vom Tempel fernzuhalten.

Bemerkenswert war auch die Rekonstruktion der antiken „Dachrinnen“, die an den Längsseiten des Tempeldaches das Wasser sammelten und in Abständen durch kurze verzierte Rohre nach außen leiteten.

             

Um der Vielfalt der Gegenstände gerecht zu werden, müsste man sehr viel Zeit haben – doch bald müssen wir wieder weiter, hinüber zur Altstadt, auf die Insel

  Ortygia.

               

Die Wanderung hinüber zur Altstadt erlebe ich nur mehr atmosphärisch – viel „sehe“ ich nicht mehr – momentan „geht“ nichts mehr in meine Augen hinein. Wir überqueren eine Brücke und stehen bald vor den Resten des Apollotempels, der in der Mitte der Stadt erhalten blieben.

               

Entlang des ehemaligen Peristyls des Athenatempels gelangen wir zum Vorplatz der Kathedrale von Syrakus. Über eine prachtvolle Freitreppe, flankiert von den Statuen des Hl. Petrus und Paulus, erhebt sich eine geschwungene, in Säulen und Nischen aufgelöste Fassade, von unglaublicher Leichtigkeit. Das barocke Meisterwerk harmoniert perfekt mit dem schweren Baukörper, der bis heute ein griechischer Tempel geblieben ist.

Schon in vorgriechischer Zeit befand sich hier ein Heiligtum. Im 6.Jh. v. Chr. durch einen griechischen Tempel überbaut, beschlossen die Einwohner von Syrakus den heidnischen Tempel zu „taufen“. Alles, was offen war wurde durch Mauern geschlossen, sodass nur die Rundungen der Kapitelle sichtbar blieben. Alles, was geschlossen war – die Mauern der Zella – wurden durchbrochen und trennen heute das mittlere von den seitlichen Kirchenschiffen.

Damit entstand ein einzigartiges Gotteshaus, das es auf der Welt kein zweites Mal gibt. Auf dem barocken Marmorfussboden knien heute die Gläubigen vor dem Architrav des Tempel Tores, der zum Altartisch wurde.

Eine Alabastervase aus dem Athena Tempel wurde zum Taufbecken umgewandelt. Und in einer angebauten Seitenkapelle, abgeschlossen durch ein barockes Eisengitter wartet die 4 Meter hohe Statue der Hl. Lucia, der Schutzpatronin von Syrakus, dass sie an ihrem Festtag herausgeholt und durch die Stadt getragen wird.

Die Sakramentskapelle besticht durch  barocke Gewölbefresken, die lebendig und mit Können gemalt sind.

 Erste Station macht die Heilige in der ihr geweihten Chiesa S. Lucia alla Badia, wo ein faszinierendes Gemälde von Caravaggio die Beerdigung der Hl. Lucia zum Thema hat. Vor dem Hintergrund einer fensterlosen Mauer bereiten zwei halbnackte Schergen das Grab der Heiligen. ZU Füßen der blassen und toten Lucia kniet die verzweifelte Mutter, während der verschmähte Bräutigam (mit roten Mantel) traurig auf seine ehemalige Braut hinabblickt. Bündel von Licht treffen vor allem die Körper der Schergen, während nur einzelne Strahlen die Gesichter der Trauergemeinde erhellen. Ausgeliefert, schutzlos liegt der Leichnam von Lucia quer am unteren Bildrand, voll erleuchtet nur an ihrem Hals, der die tödliche Wunde trägt. Wieder einmal hat M. Caravaggio das Lebensschicksal der Heiligen durch seine szenische Gestaltung ins Absolute erhöht.  Die Märtyrerin, die ihr Leben den Armen gewidmet hatte, dem Vorbild Jesu als Jungfrau gefolgt war – unschuldig gemordet – in den Händen der Gewalt, symbolisiert durch die unbändige Kraft die von den beiden Totengräbern ausstrahlt.

Lucia (*386 – 310?)ist eine historische Figur, ihr Grab wurde in  Syrakus wieder aufgefunden. 1894 fand man zudem eine Grabinschrift in der Katakombe San Giovanni in Siracusa, die Lucias frühe Verehrung bezeugt.

Nach der Legende gelobte Lucia schon als Kind ewige Jungfräulichkeit, aber ihre Mutter Eutychia wollte sie verheiraten. Lucia zögerte die Verlobung hinaus. Als die Mutter erkrankte, unternahm Lucia mit ihr eine Wallfahrt nach Catania zum Grab der  Hl. Agatha. Ein Gebet und eine Erscheinung heilten die Mutter, die ebenfalls Christin wurde. In einem Traumgesicht erschien Agatha der Lucia, verwies sie auf die Kraft ihres Glaubens und sagte ihr ein ihr ähnliches Schicksal wie das eigene, d. h. das Martyrium, voraus. Zurückgekehrt, kündigte Lucia die abgesprochene Eheschließung. Mit ihrem Vermögen und mit Unterstützung ihrer Familie gründete sie dann eine Armen- und Krankenstation, auch die wundersam geheilte Mutter unterstützte nun ihre Tochter. Berichtet wird auch, dass Lucia ihren Glaubensgenossen Lebensmittel in die Verstecke brachte. Damit sie beide Hände frei hatte zum Tragen der Speisen, setzte sie sich einen Lichterkranz aufs Haupt, um in der Dunkelheit den Weg zu finden. Da verschiedene Folterungen ihr Leben nicht beenden konnten, wurde sie mit einem Schwerthieb durch ihre Kehle getötet.

 Später wandern wir weiter durch die alten Gassen – trinken zwischen durch Kaffee und bewundern das kreisrunde Becken um die Quelle der Arethusa – einer Süßwasserquelle, wo die einzigen Papyrusstauden von Europa wachsen und sich Schwäne herumtummeln. 

 8. Tag

Abschied von Syrakus…

Die Zeit war viel zu kurz, um in die Atmosphäre dieser besonderen Stadt einzutauchen. Aber, was soll man machen…

Nach mühseliger Fahrt durch die Vororte von Syrakus drehen wir hinauf – Richtung Ätna. Noch ist sein Gipfel von Wolken umhüllt – doch noch während unserer Fahrt hinauf lösen sich die Wolken auf und schließlich liegt der weißumhüllte Gipfel frei vor uns -geziert mit einem dunkelgrauen Kragen, aus dem zwei lichte Rauchfahnen in den blauen Himmel aufsteigen. Ein überwältigender Anblick!

Während der Bergfahrt lassen wir die Kegel des Mt. Rosso und des Mt. Capri links liegen, die beide mit einer grünen Waldlandschaft bedeckt sind, als Zeichen ihrer langen Untätigkeit.

               

 Die Straße führt weiter hinauf durch Lavageröll, das nur so obenhin mit Flechten bewachsen ist. Das Geröll ist grob und kantig und wirkt abweisend und starr. Später hüllt eine Schneedecke die Umgebung ein und schließlich wirkt die südliche Flanke des Vulkans, wie ein normaler beschneiter Berg. Eine Seilbahn führt von einem großen Parkplatz sommers, wie winters hinauf in die Kraternähe, von wo sich nur wenige und mutige Skifahrer in die Tiefe wagen.

Die Mehrheit der Besucher tummelt sich – perfekt gekleidet mit Daunenjacken und Winterausrüstung - mit bunten Rodeln in der Nähe der Seilbahnstation: ein farbiges und fröhliches Bild und man spürt ihre Freude an dem ungewohnten Vergnügen sich im Schnee zu tummeln. Allerdings frage ich mich, wo und wie sie das unnötige Sportgerät im Sommer aufbewahren…

Wir trinken Grappa in einer der „Skihütten“ – später treibe ich mich ein wenig in den zahlreichen Läden herum – wo es allerdings kaum etwas Nettes zum Kaufen gibt, mit Ausnahme von dunklem Lavagestein…

                

Langsam hüllt sich der Berg wieder in Wolken, als wir aufbrechen und talwärts fahren: Unser Ziel ist ein erkalteter Lavastrom, der 1992 genau vor dem letzten Haus einer Siedlung haltgemacht hatte und heute noch in seiner ursprünglichen Form zu sehen ist. Die Prozession mit der Figur der Gottesmutter, von der Göttlichen Vorsehung, hat dieses bewirkt – davon sind die Dorfbewohner überzeugt und haben an der fraglichen Stelle ihr zu Ehren, eine Säulenstatue errichtet.

 

Taormina

Kaum eine andere sizilianische Stadt wird es geben, die so sehr in den Blickpunkt der Reichen, Klugen und Schönen des 19. und frühen 20.Jh. geraten ist, wie Taormina. Und ich frage mich wie diese Stadt, beschrieben in vielen literarischen Werken, auf mich wirken wird.

Zunächst fahren wir eine gute Strecke bergauf, über breite Betonpisten, die den ursprünglichen Charakter der romantischen Steilküste massiv beeinträchtigen, bis wir an einem Parkplatz ankommen, der uns einen Lift anbietet, um in die  Stadt zu kommen.

Oben belohnt ein wunderbarer Blick auf die Bucht von Taormina und ein romantischer Spaziergang durch die Altstadt, den Besucher.

                 

Am Weg zum Theater berühren wir das Hotel „Timeo“, das gegenwärtig renoviert wird. Hier wohnten sie, die damals zur geistigen und gesellschaftlichen Elite Europas gehörten, das berühmte Theater zu ihrer Linken und das Meer zu ihren Füßen. Wer wohl heute hier absteigt?

Auch wir genießen den Ausblick und Anblick des berühmten griechischen Theaters, bleiben ein wenig und spüren die warmen Sonnenstrahlen, die uns hier berühren. Alles ist in Schönheit und Harmonie getaucht.

               

Später wandern wir wieder zurück und machen einen Blick in die Naumarchia: antike Unterbauten der griechischen Stadtbefestigung. Davor ein kleiner einsamer Garten. Es ist still und einsam hier und man könnte ins Träumen kommen.

Überhaupt bewegten wir uns während der ganzen Reise nahezu allein auf den berühmten Plätzen der Vergangenheit und konnten so ungestört den Geist und die Schönheit der berühmten Kunstwerke ungestört genießen.

Taormina wirkt im Ganzen gesehen, wie eine große Sommerwohnung, die im Augenblick die Ruhe des Winterdaseins genießt.

9.Tag

 Catania

Hier erleben wir im Hotel „Katane“ den Zauber eines altehrwürdigen Luxushotels. Von außen wirkt der Bau eigentlich ganz einfach. Innen eröffnet sich dann ein Innenhof mit Peristyl, der an einer Seite verglast ist und wo das Abendessen und das Frühstück serviert wird. Ein Abendessen von besonderer Vielfalt, das einen Höhepunkt unserer Reise markiert. Dazu kam ein vornehmes, sehr gut ausgebildetes Servicepersonal und, und…

Foto: Elke Matthies  

In Catania selbst werden wir von einem unerwarteten Ambiente empfangen. Entlang des Weges zum Domplatz gab es unzählige Verkaufsbuden, die Kerzen aller Größen anboten – daneben die Buden, die man überall auf Kirtagen findet. Gleichzeitig begegnete uns  eine große Menschenmenge, die in der Nähe vom Dom immer dichter wurde.

Lange brauchten wir nicht, um zu wissen, dass hier ein kirchliches Fest gefeiert wurde – Einzelheiten dazu erfuhren wir später. Es war das Fest der Hl. Agatha, die als Stadtpatronin in Catania besonders verehrt wird. Im Dom „wuzelten“ sich die Menschen, um einen persönlichen Segen mit den Reliquien der Hl. Agatha zu bekommen. In einem Seitenschiff warteten schon die Prunkstangen, die beim abendlichen Umzug von weißgekleideten Männern bei der Prozession mitgetragen werden. Faszinierend war dabei, dass auch schon kleine Kinder das „Ordensgewand“ der Verehrer der Hl. Agatha trugen.

                     Foto: Berthold Werner

     

              

Die Legende ohne historischen Anhaltspunkt schildert Agatha als eine wohlhabende, adlige sizilianische Jungfrau von großer Schönheit. Sie wies die Brautwerbung des Statthalters Quintianus zurück, weil sie Christin war; der nutzte den kaiserlichen Erlass zur Christenverfolgung, ließ sie verhaften und ins Bordell der Aphrodisia bringen. Später veranlasste der Statthalter Verhöre, Folter und sadistische Qualen: Mit den Händen an einen Balken gehängt, wurden Agatha die Brüste mit einer Zange zerrissen, mit einer Fackel gebrannt und schließlich abgeschnitten. Tags darauf legte man sie auf spitze Scherben und glühende Kohlen, bis ein Erdbeben die Stadt Catania erschütterte, worauf das Volk Quintianus bedrohte, bis der von Agatha abließ und sie ins Gefängnis warf, wo sie starb. 

                    

 Bevor wir den Domplatz verlassen, betrachten wir noch den Elefantenbrunnen, der von Giovanni Battista Vaccarini gestaltet wurde.  Und unwillkürlich fühlt man sich an Rom erinnert, wo ein größeres Exemplar dieser Art vor der Kirche „Sopra Minerva“ aufgestellt ist.

Später machen wir uns auf zu den berühmten Plätzen von Catania, vorbei am Brunnen des Amenano und dem täglchen Fischmarkt hinunter quer durch die Altstadt zum Castello Ursino. Die Fassaden Paläste der Altstadt wirken traurig und vernachlässigt. Die einstigen Besitzer sind längst verarmt und weggezogen. Geblieben ist nur die Architektur, die von ihrer einstigen Bedeutung entblößt ist und diesem Stadtteil ein melancholisches Flair verleiht. (dazu sh. Guiseppe Tomasi di Lampedusa: „Der Leopard“) 

In ganz anderer Weise wirkt das Castello Ursino auf den Betrachter. Als eine renovierte typische staufische Burganlage, beeindruckt sie durch ihre martialische Form und ihre glatten ockerfarbenen Mauern. Auf quadratischen Grundriss errichtet, mit vier Rundtürmen an den Ecken, demonstriert der Bau die symbolische Anwesenheit des Kaisers, auch wenn er sich außer Landes befand. Nur dieses Kastell war 1669 stehengeblieben, als die Lavamassen den Hafen von Catania um Hunderte Meter in Richtung Meer geschoben hatten und alles auf ihrem Fluss unter sich begruben oder dem Erdboden gleichgemachten. Beeindruckende Reste der erstarrten Lava neben dem Kastell geben davon Zeugnis bis heute.

Die Straße Via Cruciferi konnte sich den Originalzustand des 18.Jh. bis heute bewahren und ist nahezu ausschließlich von Klosterbauten und Kirchen flankiert, die nach den Fotos ihrer Einladungsplakate wunderschöne Barockfresken erwarten lassen.  Am Ende dieser berühmten Straße besuchen wir das römische Amphitheater, das nur teilweise ausgegraben wurde.  Daneben das Denkmal Bellinis, einem berühmten Sohn der Stadt Catania.

              

Allein wandere ich zurück und besuche die Kirche Sant‘ Agata al Cacere. Es ist ein schlichter Bau, wo eine Seitenkapelle die Reste einer römischen Grabanlage beherbergt. Auch wurde ein Gitter vor einem tieferen Wandloch eingefügt, womit der Kerker der Hl. Agatha „zweifelsfrei“ dokumentiert wäre. Eine Staue der Heiligen ist in der Mitte der Kapelle aufgestellt – alles im allen eine naive, aber gutgemeinte Dokumentation der Legende.

Eigentlich mehr zufällig gelange ich zu dem Benediktinerkloster San Nikolo. Die Kirchenfassade riesig und glatt, der mehrere abgeschnittene Säulen vorgelagert sind. Erst später erfahre ich, dass die Fassade unvollendet geblieben ist. Ich wandere weiter und betrete den Hof des dazugehörigen Klosters. Die barocken Fassaden erwecken mein Interesse und ich beschließe eine Führung mitzumachen.

 Das Kloster hat seit seiner Aufhebung Ende des 19.Jh. unterschiedliche Einrichtungen beherbergt, bis es zu einem Universitätsgebäude umgestaltet wurde. Schön und eindrucksvoll erstrecken sich die großen Kreuzgänge inmitten der weitläufigen Klosteranlage.  

                  

Im Inneren dehnen sich lange kahle Gänge, wohin sich die ehemaligen Zellen der Mönche öffneten. Ebenso weitläufig erweisen sich die unterirdischen Räume, die von den vernichtenden Folgen des Lavastromes von 1669 verschont blieben.

 

Das Refektorium, der ehemalige Speisesaal der Mönche, ist heute ein großer Versammlungssaal mit vielen Sitzreihen, weißen Wänden und ovalen Rahmen, worin die Bilder fehlen. Das Deckenfresko blieb erhalten, ebenso wie der bunte Majolika Boden. Ebenso „verändert“ wurde die ehemalig Kapelle, heute ein mittelgroßer Raum, wo nur die Apsisnische an den ursprünglichen Gebrauch erinnert.

Der Blick in den Kirchenraum von oben zeigt eine große dreischiffige Halle, die von einer Kuppel überwölbt ist. Auch dieser Raum ist kahl und unvollendet – nur eine geschnitzte Holzwand im Chor, worin die Orgel eingebaut ist, wirkt wie ein kostbarer Fremdkörper in dem sonst schmucklosen weißen Raum.

Das Schönste am gesamten Bau sind die weiß-blauen Halbreliefs an der Haupttreppe. Obwohl sie verstaubt und ungepflegt wirken, sind sie von Meisterhand gestaltet.

              

Am Rückweg zum Domplatz stolpere ich noch über eine antike Badeanlage, die später zur Kirche umgebaut wurde, als einen letzten Gruß von der einzigartigen Art und Weise, wie in Sizilien eine Kultur der andern die Hand reichte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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