Irene Kohlbergers SALVETE

Trentino

Trentino

mit Don Silvio

25. August bis 2. September 2013

Es ist Sonntag, der 25. August, als wir von Wien in Richtung Westen aufbrechen. Unsere erste Station machen wir in der Autobahnraststätte Strengberg, die zweite, in Mondsee. In der Pfarrkirche von Mondsee feiern wir die Sonntagsmesse und erfahren danach, dass die Pfarrkirche ursprünglich zu einem  Benediktinerkloster gehörte und in den Räumen des Klosters heute ein Museum untergebracht sei.

  

 Im Museum geht es unter anderem um die Dokumentation von Funden aus Pfahlbausiedlungen, die am Mondsee von Tauchern heraufgeholt wurden. Am meisten begeisterte mich aber der einfach gestaltete Mönchschor, der noch mit denselben Möbeln ausgestattet ist, worin die Mönche seinerzeit ihre Gebete verrichtet hatte. In ihrer einfachen Strenge vermitteln sie noch heute den Geist des Gebetes, den auch die Jahrhunderte nicht verwischen konnten. Die ehemaligen Bibliotheksräume sind heute Ausstellungsräume, wo einzelne Sammlerstücke untergebracht sind.

          

 Im großen steinernen Saal sind die Fundstücke aus den Pfahlbauten untergebracht: fein gearbeitete Steinwerkzeuge, einfach verzierte Tongefäße, Gewandfibeln, Schmuckstücke und Werkzeuge.

Alle ordentlich präsentiert in dem aus rohen Steinen errichteten Saal, der zu den ältesten Teilen des ehemaligen Klosters gehört. Über steile Treppen geht es wieder hinab, vorbei an der Sammlung von Dirndln und Bürgertracht. Die Fischfangeinrichtungen früherer Zeiten werden gesondert dokumentiert; aber alles ein bisschen altväterlich – so wie man  früher museale Sammlungen aufgestellt hat. Mir gefällt es, es erinnert mich an die Sammlungen, die ich als Kind besucht hatte. Aber ich lese auch mit Vergnügen Stifters „Nachsommer“, den auch ein bisschen dieses Flair umweht.

Die Fahrt über das „deutsche Eck“ wird zur Geduldprobe für uns alle – Stau und wieder Stau, den wir erst auf der Inntalautobahn los werden. Dann geht es über den Brenner nach Süden. In der Nähe von Trient verlassen wir die Autobahn und dann geht es über kurvige Landstraßen nach St. Lorenzen in Albano. Gegen halb zehn in der Nacht kommen wir schließlich an und setzen uns zu Tisch, wo man uns noch kalte Speisen serviert. Alles schmeckt wunderbar und schließlich ist dieser lange Reisetag in unseren Zimmern zu Ende.

  MONTAG:

Am Montag haben wir einige Stunden zum Eingewöhnen, bevor wir aufbrechen und Vigo Lomaso besuchen. Hier existiert noch eine architektonisch vollständige Pfarranlage: bestehend aus Kirche, Baptisterium, Pfarrhof, Friedhof und Wirtschaftsräumen.  

Baptisterium von Vigo Lomaso

Das naturgemäß achteckige Baptisterium stammt aus dem 12. Jahrhundert. Als man die Taufe durch Untertauchen im 15. Jh. durch die Kopftaufe ersetzte, wurde das Baptisterium zu einer Kapelle für die Bruderschaft der Flagellanten (Selbstgeißler) umgewidmet. Für diese Kirche wurde ein achteckiges Taufbecken errichtet, das heute in der Mitte des Raumes placiert ist. Als man 1934 das Baptisterium renovierte, konnte man feststellen, dass der Boden des ursprünglichen Baptisteriums sich gegen die Mitte hin neigte, und der Mittelteil des Bodens einen Meter tiefer lag, womit bewiesen war, dass hier tatsächlich die Täuflinge untergetaucht wurden.

 

Ein kleine Flügelaltar mit etwas derb gestalteten Figuren, aber von starker Ausdruckskraft, freut das Auge des Betrachters, das neben Maria den Hl. Laurentius und Hl. Rochus erkennt. Das Taufbecken, das vermutlich aus dem15. Jh. stammt, beeindruckt durch seine achteckige und klare Form. Lange versuchen wir uns auch gemeinsam an der lateinischen Inschrift, die das Baptisterium nach oben hin zur Kuppel abschließt. Im Grunde geht es um das Heil des Menschen, der durch die Taufe in den Tod und die Auferstehung Jesus Christus hineingenommen und gleichsam geistig wiedergeboren wird.

 St.Lorenzo von Vigo Lomaso

Die heute dreischiffige Kirche von St.Lorenzo wurde im 11. Jh. errichtet und war ursprünglich mit hölzernen Decken versehen. Archäologisch Analysen ergaben, dass für diesen Bau schon Steine verwendet wurden, die von einem Vorgängerbau stammen könnten. Das  bedeutet, dass hier schon im 7.Jh. eine christliche Kirche existierte. Im 14. Jh. wurde ein gotisches Gewölbe errichtet und Anfang des 16.Jh. die Kirche mit zwei Schiffen und seitlichen Kapellen verbreitet.


 
 
   

Die Barockisierung durch marmorne Haupt -und Nebenaltäre, sowie die spätere Ausmalungen im ersten Viertel des 20Jh. gestalten das Innere des Kirchenraumes allerdings unruhig und störend. Gegen die ungekonnte Ausmalung kommen auch die schönen und einfachen Kapitelle der Stützsäulen nicht an. Während die barocke – man kann sagen – relativ zurückhaltende Gestaltung, durch das Gewölbe und die unversehrt erhaltenen Säulen der Frühzeit ein Gegengewicht bildet, das die Harmonie des Raumes zu erhalten vermag, wirkt die spätere Ausmalung, wie eine Verletzung, ja wie eine Verwundung des Raumes.

Ob man je den Mut aufbringen wird, diese Fresken einfach weiß zu übermalen??? Schön wärs!

Zu dem Kirchenesemble gehört auch noch ein Pfarrhof, ein großes mächtiges Gebäude, das bessere Zeiten gesehen hat und heute nach großzügiger Renovierung verlangt und ein Friedhof, wo Don Lorenzo Guetti begraben ist, der Begründer der Cooperazione Trentina, worin sich die hier ansässigen Bauern zusammenschlossen, um ihre Produkte ökonomisch sinnvoll zu verwerten und die noch heute existiert. (Unserer Lagerhausgenossenschaft zu vergleichen). Auch Giovanni Battista Mattei ist hier begraben, der die Thermen von Comano erbauen ließ, und diese den Armen der Pfarrgemeinden von Lomaso, Bleggio und Banale überschrieb.

 Beim Kreuzweg von Lomaso handelt es sich um Stationen, die von einem modernen Schnitzer sehr einfühlsam gestaltet sind. Dazu kommt, dass die Stationen entlang eines Waldweges gesetzt sind, wo die Stille und Schönheit der Natur gleichsam mitbetet.

 
St. Croce del Bleggio

 Eindrucksmäßig eine zu große Kirche mit einem feinen, barocken Hauptalter. Das eigentliche Heiligtum, ein mannshohes Kreuz befindet sich auf einem riesigen Seitenaltar, der ganz in Gold gehalten, das leere Holzkreuz umgibt. Zu Füßen des Kreuzes gibt es eine sehr große Pieta, Maria mit schmerzverzerrten Gesicht, die linke Hand zum Betrachter geöffnet und erhoben. Wenn man Maria von der linken Seite - vom Kirchenausgang her - betrachtet, dann lächelt sie – war vom Künstler beabsichtigt, um den Betenden zu trösten, wenn er/sie die Kirche verlässt.

Zu dem eindrucksvollen Raum der schon an und für sich den Betrachter fasziniert, kommt noch eine wunderschöne Überraschung dazu: eine Krypta, die fast vollständig mit Fresken ausgemalt ist, die aus dem 11. Jahrhundert stammen. Diese Entdeckung macht mich überglücklich und vor lauter Begeisterung fotografiere ich nahezu jede Figur. Allen gemeinsam ist die pure Form. Nichts Überflüssiges wird gezeichnet oder gemalt, sondern nur das Wesentlichste abgebildet, egal ob es eine menschliche Figur oder ein Tier ist.

             
                    
                 

Picasso hat oft um diese Urformen gerungen und es ist ihm bei der Taube und der Euleauch geglückt, ihre gültigen Formen herauszuarbeiten. Doch hier gelingt es noch mit leichter Hand, noch bevor Jahrhunderte von künstlerischer Entwicklung übersprungen werden mussten.

Zurück geht es im Autobus Richtung Stenice nach Tevodo. Am Weg besuchen wir noch den weißen Wasserfall im Adamello Naturpark. Eindrucksvoll stürzt das Wasser, wie ein Spitzengewebe zu unseren Füßen. Ich könnte stundenlang in das fallende Wasser schauen, aber wir müssen weiter.

                  

Unser nächstes Ziel ist die Pizzaria Dologno. Die Köstlichkeiten der Küche des Trentino zu schildern sehe ich mich außerstande, weil dazu die Sprache einer Dichterin gehörte, um die Geschmacksnuancen und die sorgfältige Art der Zubereitung zu beschreiben, ohne langweilig zu werden.

        

 

Dienstag:

St.Lorenzo in Banale (ab Hotel Miravalle) Dorsino, Sarche, Vezzano, Trient

Castello del Bounconsiglio

Hans Eder, unser Geschichtsdoktor, beginnt mit seiner Führung im Stiegenhaus des Castello del Bounconsiglio. Wir könnten uns hier einrichten mit Thermosflasche und Broten, um ausreichend Zeit für die Erforschung des geschichtlichen Hintergrundes zu gewinnen, den dieses Gebäude umfasst. Doch wir sind Gruppenmitglieder und können nicht unbeschränkt über unsere Zeit verfügen. Und so wandern wir durch eine Anzahl von Räumen, und geben uns den architektonischen Eindrücken hin.

                  

        

 

Das Castello del Buonconsiglio wurde im so genannten Deutschen Viertel im Nordosten der Altstadt von Trient auf einem Felsvorsprung erbaut. Um den heute noch existierenden, Mastio oder auch Augustus-Turm genannten Bergfried, gruppieren sich die ältesten, auf das 12. Jahrhundert zurückgehenden Bauteile der mittelalterlichen Bischofsburg. Südlich und östlich daran anschließend entstand vom 13. bis zum 15. Jahrhundert das Castelvecchio genannte älteste Wohnschloss der Fürstbischöfe von Trient. 1407 kam es in Trient zu einem Aufstand von Adeligen und Bürgern gegen Fürstbischof Georg von Lichtenstein (1390–1419). In der Folge weiteten sich die Unruhen im Land aus und es kam es zu Bauernaufständen im ganzen Trentino. Die Zwangslage des Fürstbischofs nutzte Herzog Friedrich mit der leeren Tasche, indem er ins Trentino einmarschierte und Georg von Liechtenstein aus Trient vertrieb.

Nach diesen Ereignissen wurde das Castello del Buonconsiglio seit Fürstbischof Alexander von Masowien (1424–1444) nicht nur als Verteidigungsanlage für die Stadt Trient, sondern auch als Zwingburg gegen die Stadt ausgebaut. Der Falkenturm im Osten der Anlage wurde bereits um 1390 errichtet und wohl vor 1560 in seinem Inneren wahrscheinlich von Hans Bocksberger dem Älteren oder von Bartlmä Dill Riemenschneider mit reichen Fresken zum Thema Jagd geschmückt.

Für Jahrhunderte waren Trient und das Castello del Bunoconsiglio wichtige Stationen von Reisen der Deutschen nach Italien oder von Italienern in den Norden. Albrecht Dürer besuchte auf seiner ersten Italienreise 1495 Trient und hielt das Aussehen des Castello del Buonconsiglio zu dieser Zeit mit seiner Feder fest. Die Kapelle des Castelvecchio mit ihren Fresken wurde unter Fürstbischof Johannes Hinderbach 1475 fertig gestellt. Er ließ 1484 eine Wasserleitung zur Versorgung der Residenz von den Quellen in den nahe gelegenen Bergen bis in den Arkadenhof des Castelvecchio legen.An der Fassade des Castelvecchio lassen sich mehrere Bauphasen ablesen. Besonders reizvoll erscheint die spätgotische Venezianische Loggia. Im Februar des Jahres 1508 hielt sich Kaiser Maximilian I. hier auf, als er im Dom St. Vigilio in Trient die Kaiserwürde annahm.

Fürstbischof und Kardinal Bernhard von Cles (1485 - 1539) ließ das Castello in Vorbereitung auf das Konzil von Trient wesentlich vergrößern. Von Cles ließ die Räume von zahlreichen Künstlern prachtvoll mit Stuckarbeiten und Wandmalereien ausgestalten. Der ganze Palast wird innen mit Fresken ausgestattet, die vornehmlich die politische Macht Bernhard von Cles, sowie seine Beziehungen zu den Habsburgern und seinen Sinn für Wissenschaften, Geschichte und Künst, thematisieren. Von 1530 bis 1532 entstand die kunsthistorisch bedeutende “Loggia des Romanino” mit ihren Fresken und Arkaden und dem ihr vorgeschalteten Löwenhof (Cortile dei Leoni). Die Sala Grande im zweiten Obergeschoss entspricht dem Kaisersaal vieler fürstbischöflicher Residenzen im Heiligen Römischen Reich. Die Mauern wurden zur Stadt hin mit vier Rondellen verstärkt, von denen heute noch drei vorhanden sind.

Der wuchtige Baukörper der Giunta Albertiana wurde unter Fürstbischof Franz Albert von Pola (1677-1689) ab 1680 als Verbindungselement  zwischen die beiden bestehenden Wohnbauten Castelvecchio und Magno Palazzo errichtet. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden die Innenräume zu einem großen Teil in barockem Stil neu ausgeschmückt.

1796 besetzten französische Truppen im Ersten Koalitionskrieg die Stadt Trient und das Castello, das zu einer Kaserne umgewandelt wurde. Napoleon Bonaparte verbrachte 1796 einige Tage auf dem Schloss Buonconsiglio. Nach 1803 wurden Stadt und Schloss Teil des Habsburgerreiches bzw. des  Kaisertums Österreich. Für die kommenden mehr als einhundert Jahre wurde die ehemalige fürstbischöfliche Residenz als Kaserne genutzt.

Das ehemalige fürstbischöfliche Castello del Buonconsiglio in Trient war im 19. Jahrhundert Sitz des k.u.k. Oberkommandos der Festung Österreich bis 1916 (1918).Nach dem Ersten Weltkrieg fiel das Castello mit der Stadt Trient durch den Vertrag von Saint Germain an das Königreich Italien.

Seit 1919 war der Italienische Staat Eigentümer der ehemaligen Residenz. Im Jahr 1974 wurde das Castello an die Autonome Provinz von Trient übergeben.

    

Das Stiegenhaus führt uns zunächst hinauf zur venezianischen Loggia, dem reizvollsten Detail der Fassade.

             

Die Wände des Stiegenhauses sind reich mit Fresken geschmückt, die historische Szenen darstellen: So z. B. die Apotheose von Karl dem Großen, darunter eine Reihe Portraits von Bischöfen.

Nach einem langen Blick auf die Stadt, die sich zu Füßen der Burg malerisch ausbreitet, betreten wir die Giunta Albertiana, deren Wände mit Barockfresken geschmückt sind. Auch hier herrscht das Motiv der historischen Ereignisse vor. Portraits der Fürsterzbischöfe wechseln mit den Portraits der Kaiser und Könige. Manche Portraits bezaubern durch ihre hohe künstlerische Qualität - manche weniger. Doch merkt man sehr deutlich, dass die Erzbischöfe von damals auf sehr fähige Maler zurückgreifen konnte.         

In den anschließenden Räumen ist eine Sammlung von wertvollen Kachelöfen aufgestellt. Die Räume selbst sind kleiner - zum Teil freskiert und holzgetäfelt.

        

Im Großen Palazzo (Renaissance) befindet sich die Loggia des Romanino, die ein sehr bekanntes Deckenfresko trägt, den Sturz des Phaeton. Eine bemerkenswerte Arbeit und als Thema ungewöhnlich genug für einen Bischofspalast, die noch von nackten Leibern in den Gewölbezwickeln umgeben ist. Doch wenn man die Stellung der Fürsterzbischöfe und die daraus resultierenden Machtbefugnisse bedenkt, dann kann man gut nachvollziehen, dass sie ihren Künstlern keine Vorschriften machten, wenn das Ergebnis nur eindrucksvoll und ungewöhnlich war…

         

Im oberen Stock des Palastes befand sich auch der Große Saal mit einer reich verzierten Kassettendecke, wo die Wappen der Fürsten von Engeln triumphierend hochgehalten werden.

 Eindrucksvoll auch der runde Spiegelsaal, wo die ursprünglichen Gemälde der Barockzeit durch Spiegel ersetzt wurden; ein Faktum, das auch wieder zum Nachdenken reizt.

            

 Im Gebäudeteil, den die Barockkünstler gestalteten, findet sich auch eine Kapelle, die mit Terrakottareliefs geschmückt ist. Hier fühlt man sich als Betrachter fast überfordert, weil die Gestalten so übermächtig erscheinen, wie sie so auf der Decke und den Gewölbezwickeln scheinbar spazieren gehen.

         

Der Blick in den Innenhof bezaubert durch die Leichtigkeit der Arkaden und das Grün der Pflanzen: Ein Kontrast der besonderen Art. Auch das Stiegenhaus vom ersten Stock hinunter zum inneren Hof ist mit seinem Freskenschmuck ein einmaliges Werk, womit sich die Renaissancemaler ein bleibendes Denkmal gesetzt haben.

         

 Die unteren Räume des Magno Palazzos - überdeckt mit bemalten, geschnitzten und wuchtigen Kassettendecken - dienen der Stadt als Museumsräume. Momentan sind Exponate unter dem Titel „Drachenblut und Schlagenschuppen“ ausgestellt, von denen ich einige fotografiert habe.

Dom zum Hl.Vigilius

Der Dom von Trient besticht durch seine klaren Formen und harmonische Proportionen. Von Norden gesehen wirkt er völlig in sich geschlossen und wunderschön in seiner einfachen Struktur, die durch ein riesiges Rossettenfenster und ein einfaches Stufenportal noch unterstrichen wird. Portal und Portallöwen, die im lombardischen Stil herausgemeißelt sind, bewachen den Eingang.

  Der Dom von  Trient/ Trento in der Provinz Trentino des Staates Italien ist dem Heiligen Vigilius geweiht, dessen Reliquien unter dem Hochaltar liegen. Die Geschichte der Domkirche von Trient reicht bis in die Antike zurück. Der Fürstbischof Ulrich II ließ im 11. Jahrhundert den Bau der Kathedrale beginnen, welche im Jahre 1212 beinahe vollständig niedergerissen wurde, um den Bau des neuen Doms in römisch-lombardischem Stil zu ermöglichen. Dies geschah auf Wunsch von Friedrich von Wangen, einem der Fürstbischöfe, welche am meisten zur städtisch-künstlerischen Entwicklung der Stadt beigetragen haben.

Die Nordseite des Dom in Trient, die dem Domplatz von Trient zugewandt ist, zeichnet sich durch ihre reiche Fassadendekoration aus. Eines der Portale an der Nordseite des Dom von Trient trägt den Namen "Porta del Vescovo" (Bischofstor), weil es während des Konzils von Trient dem Zug der Bischöfe, die vom Schloß Buonconsiglio kamen, als Eingang in den Trienter Dom diente.

 Ende des 13. Jahrhunderts wurde das nördliche Querschiff mit einer allegorischen Rosette, dem sogenannten Glücksrad, geschmückt. Im 14. Jahrhundert wurde die Kathedrale erweitert und gotische Elemente hinzugefügt. Im Jahre 1628 wurde von Giuseppe Alberti die barocke Struktur der “Cappella del Crocefisso” (Kapelle des Gekreuzigten) errichtet, in welcher sich eine Gruppe von Holzskulpturen befindet, an deren Füssen die Dekrete des Konzils von Trient erlassen wurden (1545-1563). Die feierlichen Sitzungen der großen, katholischen Versammlung fanden nämlich im Presbyterium der Kathedrale statt, auf einer eigens dafür vorgesehenen, beweglichen, hölzernen Struktur, welche über der unterirdischen Krypta errichtet worden war.

Im Inneren empfängt uns eine weite Halle, die deutlich macht, dass es sich hier um eine Bischofskirche handelt, die kaum für private Frömmigkeit gedacht war, sondern für Präsentation und große Feierlichkeiten.

Beeindruckend die seitlichen Stufen, die zu den Türmen führen. Der Altar, der sich in der Vierung des Raumes befindet, wird von einem fragil wirkenden Baldachin überwölbt. Ansonsten gibt es nur wenig faszinierende Einzelheiten, so z. B. Reliefs aus der Bauzeit des Domes, die den Besuch der Magier zum Inhalt haben und eine Steinigung des Stefanus. Daneben eine Reihe von alten Grabplatten, die aber nicht wirklich künstlerische Hände gearbeitet haben.

Die Südansicht des Domes entspricht vollkommen dem Ideal einer romanischen Architektur. Runde Fenster, die Fassaden geschmückt mit Zwerchgalerien …..

Einer der schönsten Plätze Europas erstreckt sich im Süden des Domes, umgeben vom Dom selbst, dem Bischofspalast und der bemalten Fassaden von Häusern, die zweistöckig errichtet, mit Loggien und Fresken geschmückt sind. Inmitten des Platzes erhebt sich der barocke Neptunbrunnen, als Zentrum und Achse des Platzes. Beschreiben lässt sich die architektonische Schönheit kaum, die den Platz atmosphärisch bestimmt. Man muss schon wirklich dort sein, um zu sehen und zu spüren.   

Vom Platz weg führt eine Palaststraße hinunter zur barocken Jesuitenkirche, die vielleicht dem Hl. Franz Xaver geweiht ist, der über dem Portal sein Missionskreuz hoch hält. Auf dem Weg hinunter finden sich Paläste von Adeligen, wunderschön bemalt, davor eindrucksvoller Blumenschmuck. 

Am Heimweg gibt es noch eine kulinarische Überraschung. In Lavis besuchen wir das Cafè Serafini, wo es Eis vom Feinsten gibt und wir uns ohne Rücksicht auf Kalorien und sonstige Bedenken dem reinen Genuss hingeben.

      

Mittwoch:

Madonna di Campiglio schläft im Sommer. Die Fenster der Hotels sind zwar nicht zugeklebt, wie am Arlberg, aber dennoch hat man den Eindruck, dass hier das Leben stillsteht. Hier bringt nur der Schnee das Leben zurück. Die architektonische Gestaltung des Ortes erscheint mir sehr glücklich gelöst. Rundum die Pensionen und Hotels erstrecken sich kleine Gärten, die sehr gepflegt wirken, auch gibt es Blumen, aber nicht im Übermaß.

         

Wir nehmen die Seilbahn auf den Monte Spinale, wo wir mitten im Schigebiet landen. Dennoch scheint der Almboden einigermaßen erholt von der winterlichen Beanspruchung  und wir genießen einmal die Schönheit des umgebenden Panoramas. Von der Bergstation wandern wir hinüber Richtung Cima Crostè. Zunächst geht es relativ flach dahin, während sich rechter Hand ein atemberaubender Blick auf eine Gebirgskette eröffnet. Es sind helle Kalksteinfelsen, die sich von Wolken umspielt, gegen den blauen Horizont wirkungsvoll abheben.

 Am Weg liegt auch ein kleiner See, dessen Ufer von den Hufen der Rinder zerstampft, allerdings wenig einladend wirken. Später wird mir die Wanderung auf der Sandpiste zu langweilig und ich versuche quer über die Hügel und durch die Latschen eine Hütte am Cima Crostè zu gewinnen. Es gelingt mir auch, doch treffe ich hier nur einen Teil meiner Gruppe und erfahre, dass wir schon zu hoch gestiegen sind. Also wieder hinunter gewandert: Zur Hütte an der Mittelstation der Seilbahn, wo es feine Kleinigkeiten zum Mittagessen gibt, bevor wir aufbrechen zur Talfahrt.

Doch das Herz der Kunstreisenden schlägt noch einmal ganz begeistert vor der antiken Kirche von San Vigilio in Pinzolo. 

Über dem romanischen Grundriss der Kirche, in Form eines lateinischen Kreuzes, entstand 1515 der gotische Bau, der sich aus drei, von Granitsäulen unterteilten Kirchenschiffen, Spitzbögen, einem stark geneigten Dach und anderen Details zusammensetzt. Die gegen Süden zeigende Außenfassade ist vollständig mit Freskenmalerei verziert, die auf verschiedene Zeitalter zurückgehen.

Das berühmte Fresko „Danza Macabra" (dt. „Totentanz") von Simone Baschenis ist wohl das bedeutendste, auch wegen der Einzigartigkeit seines Themas. Baschenis fertigte es 1539 im Auftrag der „Confraternita dei Battuti" ( Bruderschaft der Geschlagenen) an. Damit wollte er eine dauerhafte Botschaft überbringen: die der brüderlichen Gleichheit vor dem Tod. Die Bilder sind mit Bildunterschriften versehen. Dabei werden die im Dialekt verfassten und im volkstümlichen Stil gehaltenen Texte durch gelehrte Zitate in lateinischer oder Umgangssprache ergänzt. Im Gegensatz zu den zahlreichen Totentanz-Darstellungen des deutsch-französischen Sprachraums ergeben die Texte hier nicht eine Art Dialog zwischen dem Toten und dem Lebenden, sondern einen nur vom Toten vorgetragenen Monolog. Das Fresko wurde im Oktober 1539 fertig gestellt. Zusammen mit den anderen Freskomalereien, die im Kircheninneren zu bewundern sind, bildet es den größten Gemäldekomplex von Simone II. Baschenis aus Averaria.

Die Fresken der Innenwände bezeugen die unterschiedlichen Zeitabschnitte ihrer Realisierung. Die Verkündigung, der Bischof auf dem Thron, der Hl. Philippus und der Prophet Jesaia sind Gemälde des 15.Jh. Die Hl. Jungfrau mit dem Kind und das Haupt des Apostel Jakobus stammt vermutlich aus dem 14.Jh.  aus der Schule Veronas.

Die vieleckige und gotische Apsis setzt sich aus einer in sechs segelförmige Zwickel unterteilte Kuppel zusammen, deren Spitzen in einem von Sternen übersäten Firmament in dem Zeichen Christi zusammenlaufen. In den zwei zentralen Zwickeln steht ein Christus Pantokrator vor dem Hl. Vigilius. Die anderen zeigen Kirchenväter und Evangelisten mit ihren Symbolen.

Da wir nur extrem wenig Zeit haben, muss die japanische Art der Betrachtung eingesetzt werden - Fotos, Fotos und Fotos. Gleichzeitig wird uns die Anwesenheit von Giuseppe Ciaghi geschenkt, der ein Buch über die kleine Kirche verfasst hat, das wir kaufen können und der uns von seiner Mühe erzählt, die alten Kunstdenkmäler einem breiteren Publikum wieder nahe zu bringen. Auch ginge es darum die Bewohner des Trentino und vor allem die jungen Leuten wieder daran zu erinnern, wo sich ihre traditionellen Wurzeln befinden und der gleichmacherischen Zivilisation der modernen Zeit entgegenzuarbeiten. Ein hoher Anspruch gewiss, der kaum zu erfüllen ist, aber ein Einsatz auf der geistigen Ebene lohnt immer, auch wenn sichtbare Auswirkungen ausbleiben. Glücklich über die wunderschöne Erfahrung in dem abgelegenen Kirchlein klettere ich wieder in den Bus mit vielen Aufnahmen in meiner Kamera.

Unser Abend gehört heute dem Coro Cima d’ Ambiez, einem Männerchor, der uns eine Auswahl aus ihrem Reportoire zu Gehör bringt. Es sind schöne, teils sehr schwermütige Gesänge, die vorgetragen werden. Oft geht es um Krieg und Tod - Liebe und Abschied, also um Themen, die Menschen in die Tiefe ihrer Emotionen führen, sowohl in Freude, als auch im Leid. Teils sind es Volkslieder, teils Kunstlieder, die im Volkston komponiert sind. Dass die Bühne im Raum einer ehemaligen Kirchenapsis untergebracht kann ich zwar aus praktischen Gründen einsehen, doch wirkt es befremdend auf mich und macht mich traurig.

 

Donnerstag:

Entlang des Largo di Tenno geht es über Torbole zum Gardasee. Unser heutiges Ziel ist Malcesine. Wir nähern uns dem See vom Norden her. In engen Windungen schraubt sich die Straße hinunter nach Riva und zum See. Wein - und Obstgärten erstrecken sich entlang des Weges. Oben sind sie klein und auf Terrassen gepflanzt. In den tieferen Lagen breiten sich die Flächen aus und geben größeren Pflanzungen Raum. Wie ein wunderschönes kontrastreiches Bild liegt der See vor uns; an seinen Ufern umschlossen von grünen Flächen, die seine Ufer gleichsam umarmen.

Malcesine liegt am Ostufer des Gardasees und ist um den Burgfelsen herum angelegt. Ein erster Burgbau fand hier schon um 568 unter den Langobarden statt. Nach der Zerstörung der Anlage und ihrem Wiederaufbau durch die Franken, kam der Ort später an die Scaliger, welche die Burganlage erweiterten.

Das Castello Scaligero steht auf einem Felsvorsprung direkt am Ufer des Sees und gewährt vom Turm aus einen Blick über den Ort und den See. Die alte Kernburg mit Palas und Bergfried wurde durch die Scaliger errichtet. Im untersten Hof steht heute der „Palazzo Inferiore“, den Vendig 1620 für seine Garnison errichten ließ.

Auch Goethe machte 1786 während seiner berühmten  "Italienischen Reise" in Malcesine Station. Dabei wurde er sogar kurz wegen Spionageverdachts festgehalten, als er beim Zeichnen der Skaligerburg beobachtet wurde. Dennoch zeigte er sich in seinen Tagebuchaufzeichnungen fasziniert von dem Ort und seinen Menschen. Eine Büste in der Burg und zwei Gedenktafeln, die am Hotel San Marco in unmittelbarer Nähe zum Hafen und in der Via Posterna unterhalb der Burg angebracht sind, erinnern an seinen Besuch. Darüber hinaus wurde im Eingangsbereich der Burg ein kleiner Gedenkraum zur Erinnerung an den Besuch Goethes eingerichtet, wo die anstößige Zeichnung noch in Kopie zu sehen ist.

 Wir wandern zunächst zur Burg, der zentralen Sehenswürdigkeit des Ortes. Am Weg dahin entrollt sich das Bild einer bunten Altstadt, in deren altertümlichen Häusern jede Menge Kaufläden eingemietet sind. Dazwischen tummeln sich die Touristen, die, ebenso wie wir, nach der Burg hin streben. Darunter findet sich später auch eine Braut, die am Arm ihres Vaters zur Burgterrasse unterwegs ist, wo ein Standesbeamter und ein kleines Orchester das Ja-Wort der Eheleute stilvoll begleiten.

   
                             

 Der enge Eingangsbereich der Burg verleugnet keineswegs seinen militärischen Charakter - schön zum Anschauen ist auch der venezianische Palazzo, der ursprünglich als Garnisonsunterkunft geplant, heute zu einem naturkundlichen Museum umgewidmet ist. Ähnlich geht es auch dem Palasbau, der heute ein Museum über die Geschichte der Fischerei am Gardasee beherbergt. Darüber hinaus wird die abenteuerliche Geschichte der venezianischen Kriegsführung aufgerollt, die ihre Galeeren über die Berge transportierten(auf rollenden Baumstämmen) und in der Schlacht am Gardasee tatsächlich den Sieg über Mailand erringen und das Gebiet bis zu den napoleonischen Kriegen und dem nachfolgenden Wiener Kongress beherrschen konnten. Wir wandern in den Höfen herum und werden immer wieder erfreut von den hübschen Durchblicken und Übersichten über das Dächergewirr von Malcesine, das sich zwischen Seeufer und aufsteigenden Hügelflanken einschmiegt.

Später wandere ich durch die Altstadt und lande schließlich im alten Hafen, der von einer Cafè-Landschaft umgeben ist. Doch lassen die vielen Leute keine behagliche Stimmung aufkommen und so spaziere ich weiter Richtung St.Stefan, der großen Barockkirche über der Stadt.

Später fahren wir nach Nogrado, wo wir eine „Destilleri“ besuchen, die beinahe futuristischen Charakter besitzt. Die Erzeugung erfolgt in weiten hellen Hallen, wo die großen Tanks stehen, worin die chemischen Prozesse beginnen, die schließlich in der Abfüllanlage enden. Gelagert und aromatisiert werden die reinen Alkoholessenzen in Holzfässern, die dem klaren Schnaps sein Aroma verleihen. Auch gibt es ein große Anzahl von Likören, die fein gemischt, der Zunge wohl tun und wirklich vorzüglich schmecken. Unsere Gruppe wird herumgeführt und unterwiesen bis wir schließlich in dem Raum der Schnäpse landen und verkosten dürfen. Dazwischen werden Brot und Äpfeln gereicht und kaum einer von uns kann den vorzüglichen Likören und klaren Schnäpsen widerstehen. 

 

 

Unsere Abendandacht findet heute in St. Rocco  statt, wo uns die alten Fresken wieder begrüßen, die so lange schon ihren Zauber auf die betenden Menschen herabstrahlen.

   
     

 Freitag:

Heute geht es wieder Richtung Molvena See, eine Strecke, die wir immer wieder befahren, um aus dem abgelegenen San Lorenzo de Banale zu unseren Tageszielen zu kommen. Unser heutiges Ziel ist Molvena, das am Seeufer liegt und direkt am Fuße der Brentagruppe. In guter alter Sommerfrischlerweise fahren wir mit einem altertümlichen Korblift hinauf zum Refugio de Montanara. Und dort geht es wirklich so zu, wie man sich das so vorstellt, wie es früher einmal war. Als berggewohnte Österreicher wundert man sich, dass auf dem Plateau Liegestühle aufgestellt sind, worin sich auch junge Leute räkeln, obwohl keine Sonne scheint. Es fehlen nur die Reifröcke und Sonnenschirme, um sich in das 19. Jahrhundert zurückversetzt zu erleben.

   

 Der Abstieg nach Molvena gestaltet sich etwas kompliziert, weil die Wege zwar gut beschriftet sind, sich aber mit unseren Wanderkarten nicht decken. So wandern wir zuerst eine Forststraße hinauf, bis wir merken, dass wir nicht am richtigen Weg sind. Als wir glauben den richtigen Abstieg gewählt zu haben, fehlen einige Orientierungspunkte am Weg. Schließlich landen wir nach einem steilen Abstieg über eine Skipiste bei der richtigen Hütte, wo es herrliches Nudelgericht mit Steinpilzen gibt. Danach folgen wir der Forststraße, die bis ins Tal betoniert ist. Der Abstieg, der als Wanderweg eingetragen ist, ist unauffindbar. In Molvena angekommen, tasten wir uns erfolgreich durch den Ort, der sich an den Steilhang anschmiegt. Es ist unglaublich ruhig hier und die Stille fast greifbar. Zwei Polizisten weisen mir den Weg zur kleinen Friedhofskirche, wo wir ein sehr gut erhaltenes Abendmahlfresko finden, das von dem Begabtesten der Familie Baschenis Simon II. gemalt wurde. Die einzelnen Apostel tragen sehr persönliche Gesichter und die Anordnung der Gegenstände am Tisch gibt einen guten Einblick in die Tischdeckung, die zur Zeit des Malers üblich war. Der Hl. Johannes, der sich an die Brust Jesu lehnt, ist zwar ein bisschen eigenartig dargestellt (er wirkt, wie wenn er eingeschlafen wäre), doch die übrigen Apostel und Christus selbst, beeindrucken den Betrachter durch ihre wirklich persönliche künstlerische Darstellung.

Molvenas Strandpromenade wird von Kindern und Jugendlichen belebt. Der aufgeschüttete Kiesstrand ist akkurat von der umgebenden Wiese begrenzt, wo sich die Badegäste wohlfühlen können. Mitten in der Anlage gibt es ein Café, wo man wunderbare Eiskreationen bekommt – daneben hat man einen Minigolfplatz angelegt, wo sich jung und alt sehr ernsthaft dem Spiel widmet. Das Wetter wechselt: manchmal ist es sehr heiß in der Sonne, dann wieder windig und kühl. Über Molveno kreisen die Paragleiter und während die Brentagruppe mit ihren schroffen und malerischern Felsformen die Südspitze des Molvenasees gleichsam umarmt.

 Samstag:

 Am Samstag gibt es einen freien Vormittag, den ich zu einer Wanderung auf den Brunnenberg, hinter dem Hotel benutze. Meine Wanderung beginnt auf einem Pfad, der ohne eine einzige Windung in direkter Linie hinaufführt. Es dauert einige Zeit, bis ich mich an die gleichbleibende Steigung gewöhnt habe, aber schließlich passt sich meine Atemfrequenz der Steigung an und ich bin bald oben. Rund um die Quelleinfassungen wächst langblättgriges Gras, und zwar unglaublich dicht. Ich raste auf einen umgestürzten Baumstumpf, bevor ich ohne Rucksack weiter bergauf steige. Ich möchte den Kamm der steilen Wiese erreichen, der eine lockende Aussicht verspricht. Schließlich bin ich oben, aber die Aussicht ist getrübt durch das dichte Unterholz, das hier - bedingt durch die Feuchtigkeit - wuchert und den Felsen vor mir fast verhüllt.

Beim Hinuntersteigen rutsche ich mehr als ich gehe, aber schließlich bin ich wieder bei den gefassten Quellen und erblicke vor mir, nein , keinen Wanderer, sondern eine rauchende junge Frau, die offensichtlich mit dem Auto zum selben Ort gekommen ist.

So kann die scheinbare Einsamkeit täuschen! Doch was solls! Ich steige wieder hinab und freue mich an der Bewegung. Unten begrüßtmich wieder das Marterl mit der Muttergottes und ich kontrolliere, ob der Efeuzweig im Blumenbeet noch nicht welk ist. Er ist noch grün und ich gieße ihn mit dem Wasser aus der Quelle von oben. Dann steige ich weiter hinunter und freue mich an den wunderschönen alten Gehöften, die heute zu Pensionen umgebaut sind.

 Das Mittagessen im Hotel schmeckt vorzüglich, danach brechen wir auf zu einem Museum der besonderen Art. In Fiave hat man schon vor längerer Zeit Ausgrabungen am Lago Carera vorgenommen, die „Prähistorische Pfahlbauten“ ans Licht brachten.

 Hier an diesem verlassenen Lago Carera entstand in der späten Jungsteinzeit ein erstes Pfahlbaudorf, deren Nachfolgesiedlungen in veränderter oder teils weiterentwickelten Form bis in die Bronzezeit bestanden. Die archäologischen Ausgrabungen brachten Hütten zu Tage, die zunächst am Seeufer (3800-3600 v. Chr.) und später nach dem klassischne Pfahlbaumodell über Wasser (1800-1500 v. Chr.) errichtet wurden. Eine technologische Weiterentwicklung stellen jene Hütten dar, deren Pfähle an einer komplexen Gitterstruktur aus Holzbohlen verankert sind, die sich über das Seeufer und den Seegrund verteilt. (1500 -1300 v. Chr.)

Eine Besonderheit von Fiave ist der außergewöhnlich gute Erhaltungszustand der hölzernen Pfähle, und darüber hinaus von vielen weiteren Gegenständen aus organischen Materialien, die aufgrund ihrer Vergänglichkeit zumeist untergehen. Dazu zählen Holzgegenstände, Korbwaren, Keramikgefäße, aber auch Schmuckstücke aus Bronze und - damals besonders selten - aus baltischen Bernstein oder Gold.

Im einzelnen umfasst die Sammlung mehr als 300 Exponate aus Holz, wie z. B. Küchenutensilien:Becher, Schöpfkellen und Teller. Aber auch Gerätschaften wie Eimer, Hämmer, Sichel, Bohrer, Beilgriffe, so wie Bogen und Pfeile. Aufgrund der besonderen Lagerungsbedingungen in den Sedimenten am Seegrund haben sich sogar Lebensmittel wie Ähren, Kornelkirschen, Nüsse, Äpfel und Birnen erhalten.

Eines der Stockwerke im Museum ist ausschließlich der Rekonstruktion des täglichen Lebens in einer Pfahlbausiedlung vor 3500 Jahren gewidmet und durch Videos szenisch zum Leben erweckt.

Eine sehr begeisterte junge Dame übernimmt unsere Führung und begleitet uns durch die einzelnen Stationen. Besonders beeindruckend erscheint mir die kluge Bauweise der Häuser, die bei äußerst sparsamer Verwendung von Material, eine sehr stabile Konstruktion der Wände erlaubt. Daraus kann man ableiten, dass die Menschen in technischen Belangen, schon immer ein große Begabung hatten und sich diese nicht erst über die Jahrhunderte entwickelte.

Im übrigen zeichnen sich die Alltagsgegenstände durch Praktikabilität und harmonische Gestaltung aus, die in ihren einfachen Linien an modernes Design erinnern.  Beim Verlassen des Museums begegnet uns die Bürgermeisterin des Ortes, in Radfahrerdress und Helm und „freut sich uns begrüßen zu dürfen“. Im Grunde war es eine sehr schöne Erfahrung im Ambiente einer so lang vergangenen Epoche eintauchen zu können, obwohl für die Wissenschaftler noch sehr viele Fragen offen bleiben. Nach unserer geistigen Erheiterung durch den Ausflug in die Vergangenheit, tauchen wir ein in die Vielfalt der Geschmackserlebnisse, die uns in einer Käserei der Region erwarten.

Am Spätnachmittag wandern Maria und ich hinunter nach Dorsino zur Georgskirche in der Erwartung von Wandfresken, die auch von den Baschenis gemalt wurden. Doch unsere Mühe war vergeblich. Die Kirche ist gerade „in restauro“ und jetzt am Abend bereits verschlossen.

Am Abend dieses denkwürdigen Tages brechen wir noch einmal auf, zum Marienfest in Balbido. Drei Tage dauern die Feierlichkeiten und heute Abend gibt es traditionelle Gerichte und Musik. Eine Besonderheit dieses Abends wird unser Besuch in der „ostaria  vecia“. Dieses denkwürdiges Lokal wurde in einem Hauskeller eingerichtet, der die Hundertjahre - Marke schon weit überschritten hat und zudem die Zeichen der Benützung schon deutlich an sich trägt. Es ist dunkel hier drinnen und wie es Kellerräumen so an sich haben, auch feucht. Die Einrichtung ist diesem äußeren Rahmen stilvoll angepasst: Bänke an der Wand, die nur den Müden zum Sitzen vorbehalten sind und einige wenige Tische mit Bänken, wo man die vorzügliche Trippasuppe löffeln kann. Im Raum, wo an der Bar die Getränke wohl sortiert zu bewundern sind, hat man alte Fässer kopfüber aufgestellt hat, woran sich Gäste und Musikanten einfach anlehnen und gelegentlich auch ihr Glas abstellen können.

        

Inmitten der Gäste präsentiert sich an diesem Abend ein junger Mann mit seiner Ziehharmonika und singt Lieder aus der Region. Meist sind es Texte mit traurigem, sehnsuchtsvollem Inhalt. Das spürt man, auch ohne die Sprache zu verstehen. Es geht um Liebesleid, Abschied von den Bergen - unwirtliche Lebensbedingungen. Im Grunde sind es immer dieselben Themen, die in den Volksliedern besungen werden. Die Melodien und die Rhythmen fühlen sich von Region zu Region allerdings unterschiedlich an.

Es gibt einen unverkennbaren „sound“ der die norditalienische Musik auszeichnet, den wir schon am Mittwoch in St. Lorenzo erleben konnten. Dieser besondere Klang beherrscht auch die Lieder, die in der „ostaria vecia“ den Raum erfüllen, wenn alle Gäste mitsingen, weil ein allseits bekanntes mehrstrophiges Lied intoniert wird.

Mit zunehmenden Abend hebt sich die Stimmung der Gäste und die Gesänge werden immer lauter. Doch die Begeisterung, womit der junge Musikant sein Instrument spielt und die leuchtenden Gesichter der Männer, während sie mitsangen, haben sich tief in mein Gedächtnis eingeprägt.

 

Sonntag:

Nach dem Frühstück fahren wir gemeinsam nach Balbido, woher Don Crosinas Familie stammt und feiern die Festmesse zu Ehren der Gottesmutter mit. Es wird zweisprachig gebetet und gesungen. Danach folgen wir der Statue der Muttergottes, die von Burschen und Männern des Ortes ins Ortszentrum getragen wird. Einer von ihnen ist der junge Mann, der in der „osteria“ die Ziehharmonika gespielt hat: gestern der Mittelpunkt der feiernden Leute, trägt er heute die Statue der Gottesmutter. Das ist alte katholisches Lebensweise, die sich hier in Balbido auch noch im 21.Jh. gegen alle negativen Klischees behauptet.

Freudig bewegt beobachte ich dieses natürlich wirkende Festgetriebe, das sich schließlich auf dem freien Platz neben der Dorfkirche entwickelt, mit Spanferkel, Polenta, Bier und Wein der Region.

Das Dorf Balbido ist berühmt für seine WANDMALEREIEN, die auf den Aussenwänden der alten Häuser ein ganz eigenes Gepräge verleihen.

 Später wandern wir noch hinauf zum Passo Durone und halten an der Kapelle unsere Schlussandacht, voll Dankbarkeit für die schönen und eindrucksvollen Tage im Trentino, einer Region, die nicht gerade zu den spektakulären Reisezielen gehört, die von Dichtern und Reisenden früherer Epochen besungen wird. Dennoch erwächst gerade aus der Abgeschiedenheit des Gebietes ein eindrucksvolles Signal eines Neuanfanges, wenn sich junge Leute hier in Netzwerke zusammenfinden, die brach liegenden Felder neu bepflanzen und in ihre Produkte gemeinsam vermarkten. Mit Fantasie und Einsatzbereitschaft ist vieles möglich und das Trentino scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen. 

               

 Sehr herzlich möchte ich mich an dieser Stelle bei Don Silvio Crosina bedanken, der uns diese wunderschöne Reise ermöglicht hat. Er hat uns das Trentino von vielen Seiten beleuchtet und ein Erlebnis geschenkt, dass sich von anderen Gruppenreisen sehr deutlich abhebt.

                

Ich danke auch allen Reisegenossen für die Gespräche und die postive Atmosphäre, die alle unsere Unternehmen begleitete. Bei Mag. Maria Moser bedanke ich mich besonders für die Fotos, die sie mir bereitwillig zur Verfügung stellte. Ihr besonderem Blickwinkel verdanke ich eine Reihe von Bildern, die ich übersehen habe, die aber wesentlich zu einer wärmeren Bilddokumentation beigetragen haben DANKE!

 

 

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